Laut aktueller KSV1870 Hochrechnung sind im Jahr 2022 in Österreich 4.770 Unternehmen (+ 57,2 % gegenüber 2021) von einer Insolvenz betroffen. Damit wurde erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie das Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019 mit rund 5.000 Fällen nahezu erreicht. Alle neun Bundesländer verzeichnen Zuwächse – am deutlichsten fällt dieses in Oberösterreich und Tirol aus. Die meisten Insolvenzen verzeichnen der Handel, die Bauwirtschaft sowie die Gastronomie.
Die größte Firmenpleite des Jahres betrifft jene der CPI Gruppe aus Wien mit geschätzten Passiva* von rund 220 Mio. Euro. Insgesamt haben sich die Verbindlichkeiten* gegenüber dem Vorjahr um etwas mehr als 19 Prozent auf 2,1 Mrd. Euro erhöht. Diese könnten noch weiter anwachsen, nachdem die Bertsch Energy GmbH & Co KG einen Insolvenzantrag mit Passiva in der Höhe von 138,3 Mio. Euro gestellt hat – eröffnet ist dieser Fall zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht. Weiters ist die Zahl der betroffenen Mitarbeiter auf 14.400 Personen und jene der betroffenen Gläubiger auf 30.700 Geschädigte angewachsen.
Die Liste an Herausforderungen, mit denen sich die Betriebe aktuell beschäftigen müssen, ist im Jahresverlauf nicht kleiner geworden. Explodierende Kosten, steigende Energie- und Rohstoffpreise, die hohe Inflation, erhöhte Zinsbelastungen und der akute Personalmangel belasten die Budgets der Unternehmen weiterhin massiv.
Demnach wurden in Österreich seit Jahresbeginn 4.770 Unternehmensinsolvenzen gezählt – ein Plus von 57,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei fällt auf, dass insbesondere die Zahl der mangels Kostendeckung nicht eröffneten Fälle massiv gestiegen ist und auch hier wieder Sphären des Vorkrisenniveaus erreicht werden: Mussten im Vorjahr 974 Fälle abgewiesen werden, waren es heuer mit 1.874 Fälle beinahe doppelt so viele.
„Wird eine Pleite mangels Kostendeckung nicht eröffnet, sind in dem insolventen Unternehmen nicht einmal mehr 4.000 Euro verfügbar, um Gerichtskosten zu finanzieren“, erklärt Götze und ergänzt: „Das ist sehr häufig ein Zeichen dafür, dass mit dem Insolvenzantrag solange zugewartet wurde, bis gar nichts mehr geht. In so einem Fall verliert das Unternehmen die Gewerbeberechtigung und müsste liquidiert werden. Der ‚worst case‘ für alle. Denn sämtliche Mitarbeiter verlieren ihre Jobs und die Gläubiger sehen keinen Cent.“
Abseits der Insolvenzen gab es in Österreich im Jahresverlauf fast 50.000 zusätzliche Geschäftsschließungen, wo sich die Eigentümer entschlossen haben, den Betrieb mehr oder weniger freiwillig einzustellen. Die Gründe dafür sind vielfältig. So ist es zum Beispiel nicht gelungen, einen Nachfolger zu finden oder eine Fortführung erschien aus wirtschaftlichen Blickwinkeln wenig sinnvoll. Dabei kommt es nicht von ungefähr, dass es ausgerechnet heuer eine derart hohe Zahl an Schließungen gab.
Sämtliche Bundesländer mit deutlichen Insolvenzzuwächsen
Ein Blick auf die Österreich-Karte zeigt, dass alle neun Bundesländer in diesem Jahr mehr Firmenpleiten zu verzeichnen haben als im vergangenen Jahr. Das deutlichste Plus: In Oberösterreich (+ 105,9 %) und Tirol (+ 105,2 %) haben sich die Unternehmensinsolvenzen zuletzt mehr als verdoppelt. Ganz im Osten des Landes, im Burgenland, fällt das Plus mit 33,9 Prozent verhältnismäßig am niedrigsten aus. In der Bundeshauptstadt Wien hat der KSV1870 in diesem Jahr 1.681 Pleiten gezählt, das entspricht einem Plus von 41,4 Prozent.
Passiva um ein Fünftel gestiegen
Parallel zu den Unternehmensinsolvenzen selbst haben sich in diesem Jahr auch die geschätzten Passiva* erhöht – seit Jänner 2022 um 19,1 Prozent auf 2,1 Mrd. Euro. Diese könnten jedoch noch weiter anwachsen, nachdem die Bertsch Energy GmbH & Co KG jüngst einen Insolvenzantrag gestellt hat – mit vorläufigen Passiva von 138,3 Mio. Euro. Eröffnet ist dieser Fall zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht. Es wäre dies die zweitgrößte Firmenpleite des Jahres in Österreich.
Unabhängig davon ist im Jahresverlauf die Zahl der Firmenpleiten deutlich mehr angestiegen als jene der Passiva. Dadurch bestätigt sich der jüngste Trend: Unternehmensinsolvenzen werden zunehmend kleinteiliger. Insgesamt gab es bislang 31 Großinsolvenzen mit einem Volumen von jeweils über 10 Mio. Euro. Die größte Firmenpleite des Jahres verzeichnet die CPI Gruppe (rd. 220 Mio. Euro Passiva) in Wien. Ein kurzer Blick in die Bundesländer: Am massivsten sind die Verbindlichkeiten* in Vorarlberg (+ 230 %) und Tirol (+ 208,3 %) gestiegen. In Kärnten fallen die Pleiten hingegen deutlich kleinteiliger aus. Im Süden Österreichs sind die Passiva um rund 80 Prozent gesunken, obwohl auch hier deutlich mehr Insolvenzen als im Vorjahr gezählt wurden.
Insolvenztreiber: Handel, Bau, Tourismus/Gastronomie
Es hat sich während des Jahres bereits abgezeichnet. Die Branchen „Handel und Instandhaltung/Reparatur von Kfz“ (871 Fälle), die Bauwirtschaft (778) und Tourismus/Gastronomie (585) sind auch am Ende des Jahres jene Bereiche mit den deutlich meisten Firmenpleiten. Alleine diese drei Branchen machen knapp die Hälfte aller Unternehmensinsolvenzen des Jahres aus.
Dabei fällt auf, dass insbesondere der Handel mit massiven wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hat. Bereits am Ende des dritten Quartals gab es in dieser Branche mehr Pleiten als am Ende des Vorjahres. „Unsere damalige Prognose, dass der Handel am Jahresende rund 900 Firmenpleiten zu Buche stehen haben wird, hat sich bewahrheitet. Hohe Energiepreise und fehlendes Personal haben die Unternehmen häufig in die Knie gezwungen“, erläutert Götze.
Mehr betroffene Mitarbeiter und Gläubiger
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich in den vergangenen zwölf Monaten die Zahl der von einer Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffenen Mitarbeiter deutlich erhöht – und zwar um rund 46 Prozent auf insgesamt 14.400 Personen. „Diese Entwicklung ist auch jenen Unternehmen geschuldet, die nicht rechtzeitig eine Sanierung angestrebt und dadurch eine Vielzahl an Arbeitsplätzen unnötigerweise aufs Spiel gesetzt haben“, so Götze. Parallel dazu gibt es bei den Gläubigern um knapp sechs Prozent mehr Geschädigte. Insgesamt waren heuer 30.700 Gläubiger von der Insolvenz eines Geschäftspartners betroffen.
Entwicklung setzt sich 2023 fort
Der KSV1870 geht davon aus, dass die aktuellen Entwicklungen weiter an Tempo zulegen werden und die Zahl der Firmenpleiten im kommenden Jahr steigen wird. „Wir befinden uns nach wie vor in einer Phase der Normalisierung des Insolvenzgeschehens, doch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen setzen den österreichischen Unternehmen mehr als sonst zu. Auch darauf ist die aktuelle Beschleunigung zurückzuführen“, erklärt Götze. Und weiter: „Aus heutiger Sicht ist nicht davon auszugehen, dass der Staat ein weiteres Mal in einem dermaßen großen Ausmaß in den Wirtschaftskreislauf eingreifen wird, wie zu Beginn der Corona-Krise. Eine Fortsetzung der diesjährigen Insolvenzentwicklung ist wahrscheinlich.“
Für das Jahr 2023 prognostiziert der KSV1870 einen Anstieg der Firmenpleiten im niedrigen zweistelligen Prozentbereich zwischen 5.500 und 6.000 Fällen. Das wären maximal rund 1.000 Pleiten mehr als vor der Corona-Krise.
*) Die Passiva für das Jahr 2022 sind vorläufige Werte und beziehen sich auf den Stichtag der Hochrechnung, den 13.12.2022. Im Zuge der fortlaufenden Insolvenzverfahren werden sich diese Passiva noch verändern.