Creditreform führt diese Umfrage über die Lage und Erwartungen der österreichischen KMU seit 1996 zweimal jährlich durch. Die wesentlichen Ergebnisse sind:
- Das Geschäftsklima-Barometer der heimischen KMU befindet sich weiter im Sinkflug.
- Die Auftrags- und Umsatzlage ist im Keller, die aktuelle Auftragsentwicklung nach wie vor stark negativ.
- Die Ertragslage ist bei 53 % der Unternehmen gesunken; mangels Liquidität steigen die Insolvenzen auf ein Rekordniveau.
- 29 % haben Personal abgebaut. Der Fachkräftemangel bleibt aber bestehen.
- Die Angebotspreise sinken weiter. Die Inflation scheint eingedämmt zu sein.
- Nicht einmal ein Drittel der Unternehmen will investieren.
- 54 % bewerten die Wirtschaftspolitik kritisch.
- 71 % fordern einen Bürokratieabbau.
Wirtschaftskrise im Mittelstand verschärft sich
Die Rezession trifft den Mittelstand mit voller Wucht. Viele Unternehmen verzeichneten massive Auftrags- und Umsatzverluste und reagierten mit Personalabbau. Dies geht aus der aktuellen Herbststudie der Creditreform Wirtschaftsforschung hervor, in welcher rund 1.400 österreichische KMU befragt wurden. Der Studie zufolge stehen mittelständische Unternehmen derzeit unter erheblichem Druck und sind stark verunsichert. Die Investitionsbereitschaft hat einen historischen Tiefpunkt erreicht.
Das Creditreform Klimabarometer für den Mittelstand, basierend auf den Umfrageergebnissen, bleibt weiterhin deutlich im negativen Bereich. Der aktuelle Wert von minus 9,9 Punkten (Vorjahr: minus 4,9 Punkte) verdeutlicht eine weitere Verschlechterung der Wirtschaftslage. Besonders betroffen sind das Verarbeitende Gewerbe sowie der Handel.
Flaute im Sommerhalbjahr
Im Zuge der Rezession erlitten die Unternehmen in den vergangenen sechs Monaten erhebliche Auftrags- und Umsatzeinbußen. Fast jeder zweite Befragte (49,2 Prozent) meldete rückläufige Aufträge, während nur 11,0 Prozent ein Auftragsplus verbuchen konnten (Vorjahr: 12,4 Prozent). Auch die Umsatzentwicklung verlief alarmierend: 43,2 Prozent der Unternehmen verzeichneten hier Rückgänge (Vorjahr: 38,9 Prozent). Lediglich 16,7 Prozent der Befragten erzielten Umsatzgewinne (Vorjahr: 20,5 Prozent). Dies stellt die schlechteste Umsatzentwicklung seit 25 Jahren dar.
„Die Prognosen der Mittelständler für die kommenden Monate bleiben düster. Eine schnelle und deutliche Erholung der Konjunktur ist nicht in Sicht“, sagt Weinhofer. Es gebe jedoch etwas Hoffnung, da sich die Auftragserwartungen langsam aufhellen. Die Talsohle der Rezession könnte somit Ende 2024 oder Anfang 2025 erreicht werden. Derzeit rechnen jedoch nur 14,6 Prozent der Befragten im nächsten Halbjahr mit einem Umsatzplus, während 36,4 Prozent weiterhin von Rückgängen ausgehen. Besonders pessimistisch zeigt sich die Bauwirtschaft.
Personalabbau verstärkt sich
In den letzten sechs Monaten haben 28,6 Prozent der Unternehmen ihre Belegschaft verkleinert, während nur 11,9 Prozent neue Mitarbeiter eingestellt haben. Besonders stark war der Personalabbau im Bau und im Verarbeitenden Gewerbe, wo jeweils etwa ein Drittel der Unternehmen Stellen gestrichen hat. Auch die Personalplanungen für die Zukunft sind zurückhaltend.
Es ist zu erwarten, dass die Beschäftigtenzahl im Mittelstand weiter sinkt. Die Investitionsbereitschaft befindet sich auf einem historischen Tiefstand: Nur 31,4 Prozent der Unternehmen planen in der nächsten Zeit Investitionen, was einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (42,8 Prozent) darstellt. Vor allem die unsicheren Konjunkturaussichten bremsen die Investitionsvorhaben.
Einbruch bei den Erträgen – Insolvenzen steigen
„Fehlende Aufträge, rückläufige Umsätze und hohe Kosten belasten die Ertragslage der Unternehmen. In den letzten Monaten war kaum eine Ertragssteigerung zu verzeichnen“, so Konjunkturforscher Weinhofer. Der Mittelstand steht auch aufgrund einer Verschlechterung der Zahlungsmoral unter Druck. Forderungslaufzeiten von bis zu 60 Tagen sind keine Seltenheit mehr. Zudem berichteten die Unternehmen häufiger als im Vorjahr von Forderungsausfällen, die mehr als 1,0 Prozent des Umsatzes betragen und somit zunehmend die Liquidität gefährden.
„Zwar ist die Eigenkapitalsituation im Mittelstand noch überwiegend stabil, doch die finanzielle Solidität der Unternehmen beginnt bereits zu wackeln“, erklärt Weinhofer. Der Anteil der Unternehmen mit einer hohen Eigenkapitalquote sank auf 44,1 Prozent (Vorjahr: 44,8 Prozent). Besonders im Verarbeitenden Gewerbe und im Handel war eine Verschlechterung zu verzeichnen. Gleichzeitig ging allerdings der Anteil der eigenkapitalschwachen Unternehmen auf 16,8 Prozent zurück (Vorjahr: 18,4 Prozent). Als eigenkapitalschwach erwiesen sich vor allem Unternehmen aus dem Baugewerbe und dem Handel.
In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Österreich um 22,8 Prozent auf 4.931 Fälle. Besonders stark war der Anstieg im Kredit- und Versicherungsgewerbe sowie in der Sachgütererzeugung und im Bauwesen. Regional gesehen verzeichnete das Burgenland mit einem Plus von 59,7 Prozent den größten Zuwachs. „Viele Unternehmen stehen aktuell unter starkem Kostendruck und sehen sich einer rückläufigen Nachfrage gegenüber. Der Anstieg der Insolvenzen ist daher wenig überraschend“, erklärt Weinhofer.
Wirtschaftspolitik der Bundesregierung in der Kritik
„Aus Sicht der Wirtschaft unternimmt die Politik zu wenig, um die Rezession zu bekämpfen und die Unternehmen zu entlasten. Besonders kritisiert werden bürokratische Hürden und weiter steigende Kosten“, erklärt Weinhofer. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (54,2 Prozent) bewertet die aktuelle Wirtschaftspolitik der Regierung als unzureichend und sieht sie kritisch. Lediglich 5,5 Prozent äußerten sich positiv, während ein Drittel der
Befragten (33,2 Prozent) eine neutrale Haltung einnahm.
Zu den wichtigsten Themen aus Sicht des Mittelstands gehören der Bürokratieabbau (71,4 Prozent) und der Fachkräftemangel (63,7 Prozent). Zudem belasten die Inflation, hohe Energiekosten, gestiegene Zinsen und die mangelnde Planungssicherheit die Unternehmen weiterhin erheblich.