Die realen Umsätze im Gewerbe und Handwerk sind seit 2019 um ein Fünftel geschrumpft und auch 2025 erweist sich bisher als schwaches Jahr.
Das Gewerbe und Handwerk hat das Gesamtjahr 2024 mit einem realen Minus von 4,5 % abgeschlossen. Das ist das fünfte Jahr in Folge mit einem mengenmäßigen Rückgang des Geschäftsvolumens. Nominell (wertmäßig) steht im abgelaufenen Jahr unter dem Strich ein Minus von 0,3 %, ergab die Konjunkturbeobachtung von KMU Forschung Austria. Besonders betroffen waren von den realen Einbußen 2024 Export-Branchen wie Mechatronik (-9,2%), Metalltechnik (-8,6%) und Kunststoffverarbeitung (-6,1%), aber auch das Baunebengewerbe wie Hafner, Platten- und Fliesenleger, Keramiker (-8,8%) sowie der Holzbau (-8,6%).
Jetzt ist Anpacken gefragt: Das Regierungsprogramm muss rasch umgesetzt werden.
Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der WKÖ
Magere Jahre und ein schwacher Auftakt
Betrachtet man die Umsätze kumuliert, so sind diese zwischen 2019 und 2024 real um mehr als 20 % zurückgegangen. Ebenso besorgniserregend: Die Investitionen sind 2024 auf ein Tief von 3,5 Mrd. Euro gesunken (2023: 4,2 Mrd. Euro). Und sie drohen weiter zurückzugehen: Nur 34 % der Betriebe planen 2025 Offensivmaßnahmen. Das ist weniger als im Corona-Jahr 2020 (45 %), vor Corona waren Werte von knapp 60 % üblich.
Das bedeutet: Das Gewerbe und Handwerk ist binnen fünf Jahren um ein Fünftel geschrumpft. Das ist eine wirklich dramatische Entwicklung, die vielen Betrieben an die Substanz geht.
Renate Scheichelbauer-Schuster
Schwach ist auch das erste Quartal 2025 verlaufen. 28 % der Betriebe in den konsumnahen Branchen verzeichneten Rückgänge, nur 18 % lagen im Plus: Das ergibt einen Saldo von -10 Prozentpunkten (%P). Besonders negativ war die Entwicklung bei den Gesundheitsberufen (-28 %P), Fahrzeugtechnik (-22 %P) und erneut Mechatronik (-21 %P). Das positive Geschäft überwog nur bei Friseuren (+4 %P) sowie Fußpflege, Kosmetik, Massage (+3 Prozentpunkte).
Bei den investitionsgüternahen Branchen gab es fast durch die Bank starke Rückgänge des durchschnittlichen Auftragsbestandes; zum Beispiel -17,5% im Baugewerbe, -15% bei den Chemischen Gewerben, in der Denkmal-/Fassaden-/Gebäudereinigung oder -12,2% im Holzbau. Lediglich Tischler und Holzgestaltende Gewerbe konnten die Aufträge, allerdings ausgehend von sehr niedrigem Niveau, steigern (+2,6%).
Hoffnungsschimmer im Baugewerbe
Für das zweite Quartal 2025 überwiegt weiterhin der Anteil jener Betriebe, die Umsatzrückgänge erwarten (26 %) gegenüber jenen, die von Steigerungen ausgehen (17 %). Der Saldo (-9 Prozentpunkte) fällt allerdings etwas besser aus als im Vergleichsquartal vor einem Jahr (im Q2/2024 war der Wert -14 Prozentpunkte).„Besonders unsere Konjunkturlokomotive Bauwirtschaft muss nun rasch in Fahrt kommen. Von allein wird das nicht geschehen“, betont Scheichelbauer-Schuster.
Sie sieht im Arbeitsprogramm der Bundesregierung wichtige und langjährige Forderungen erfüllt. Damit daraus positive Impulse entstehen, müssen diese allerdings rasch umgesetzt werden: Das betrifft etwa die Zweckwidmung der Wohnbauförderung, den künftigen Förderrahmen für Heizungstausch und thermische Sanierung, einfachere Auftragsvergaben für kleine Betriebe durch Anpassung der Schwellenwertverordnung sowie die NoVA-Befreiung für Klein-LWK der Klasse N1 ab Juli. Ein wichtiges Signal war auch das Festhalten am Handwerkerbonus 2025.
Wer rasch hilft, hilft doppelt. Je früher bei all diesen Maßnahmen die Details vorliegen und Planungssicherheit herrscht, umso besser können sich die Betriebe darauf einstellen.
Renate Scheichelbauer-Schuster
Zur Ankurbelung des Wohnbaus schlägt die Sparte vor, Wohnbauanleihen für Privatanleger noch attraktiver zu machen. In Österreich steigt derzeit die Sparquote, hunderte Milliarden Euro liegen aber auf geringverzinsten Sparbüchern und verlieren so laufend an Wert.
Wir sehen eine Win-win-Situation: Die Haushalte könnten ihre Sparziele mit guten Konditionen verfolgen und würden einen produktiven Beitrag leisten, damit Wohnen und Eigentum auch für die nächsten Generationen leistbar bleiben.
Renate Scheichelbauer-Schuster
Entlastung von Bürokratie
Erste Anzeichen für einen Sinneswandel der EU in Sachen Bürokratie sieht Bundesspartengeschäftsführer Reinhard Kainz. „Lieferketten-Richtlinie, Entwaldungsverordnung, Nachhaltigkeitsberichte, Ökodesign, Green-Claims: In den vergangenen Monaten und Jahren ist Vieles auf die Betriebe eingeprasselt, das diese völlig überfordert.“ Mit dem sogenannten Omnibus-Paket sollen einigen dieser Bürokratiemonster zumindest ein paar Giftzähne gezogen werden – was erst der Beginn eines tiefgreifenden Bürokratiestopps sein muss.
Die Mitte März von der Bundessparte mitveranstaltete „European Crafts Conference 2025“ in München mit neun großen europäischen Verbänden hat gezeigt, dass das Handwerk europaweit mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen hat. Bisher wurde auf die Klein- und Mittelbetriebe, die mehr als 99 % der europäischen Unternehmen ausmachen, zu wenig Rücksicht genommen. Künftig will man sich deshalb lauter Gehör verschaffen.
Wir werden im europäischen Gleichklang hartnäckig bleiben, bis das deklarierte Ziel der EU-Kommission, den bürokratischen Aufwand für Klein- und Mittelbetriebe um 35 Prozent zu senken, auch tatsächlich erreicht ist.
Reinhard Kainz