Der aktuelle „Konjunkturreport Einzelhandel“ des WIFO im Auftrag des Handelsverbandes zeigt, dass sich die Abkühlung der internationalen und heimischen Konjunktur auch im Einzelhandel ungebremst fortsetzt. Im September 2023 lag die wirtschaftliche Aktivität um -1,5 % unter dem Vorjahr, in der ersten Oktoberhälfte ging sie um -0,75 % zurück. Im Einzelhandel fiel der Geschäftsgang im August mit real -2,6 % abermals gedämpft aus.
Elektro- und Möbelhandel sowie eCommerce kämpfen
Neben dem Lebensmittelhandel (-0,7 %) war vor allem im Nichtnahrungsmittelbereich die Umsatzentwicklung im August (-4,9 %) und auch im September erneut schwach. Die Branchen mit der negativsten Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr sind der Elektro- und der Möbelhandel sowie generell der eCommerce.
WIFO-Konjunkturklimaindex
„Die Stimmung der Einzelhandelsunternehmen hat sich – wie in der Gesamtwirtschaft auch – in den letzten Monaten weiter verschlechtert. Der Saldo im WIFO-Konjunkturklimaindex für den Einzelhandel hat sich im September um 2 Punkte auf -16,8 Punkte verringert“, ergänzt Studienautor Jürgen Bierbaumer vom WIFO. Verglichen mit dem 2. Quartal (-7,3 Punkte) hat sich der negative Saldo im 3. Quartal (-14,5 Punkte) sogar verdoppelt.
Bestimmend für den Rückgang war die pessimistischere Einschätzung der Geschäftstätigkeit in den letzten drei Monaten (September: -43,7 Punkte). Gleichzeitig wurde auch ein deutlicher Anstieg in den Lagerbeständen (September: +27,8 Punkte) wie auch eine Verschlechterung der rezenten Geschäftstätigkeit gemeldet (September: -56,3 Punkte).
Bei der Einschätzung der aktuellen Geschäftstätigkeit ist der bisher zweitniedrigste Wert seit 2011 (Beginn der Befragung) erreicht (Tiefstand: April 2020 mit -66,6 Punkten; erster Monat nach Beginn der COVID-19-Pandemie). Diese Verschlechterung im Stimmungsbild der Einzelhandelsunternehmen betrifft nicht nur die aktuelle Lagebeurteilung, sondern auch die Erwartung für die kommenden Monate.
Konsumentenstimmung lässt deutlich nach
Nachdem sich die Stimmung der Konsument:innen seit Herbst des Vorjahres schrittweise etwas verbessert hatte (Tiefpunkt Juli 2022: -33,5 Punkte), hat der Index in den letzten beiden Befragungen wieder deutlich nachgelassen (September -24,9 Punkte).
Pessimistischer wird etwa die finanzielle Situation des eigenen Haushalts in den kommenden 12 Monaten eingeschätzt (-3 Punkte im Monatsabstand). Noch stärker reduziert hat sich die Einschätzung der Höhe der Ausgaben für größere Anschaffungen in den nächsten 12 Monaten (im Vergleich zu den letzten 12 Monaten).
Gesamtjahr 2023: Rückgang der Wirtschaftsleistung im Handel
Für den Handel insgesamt (inkl. KFZ und Großhandel) erwartet das WIFO für das Gesamtjahr 2023 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von real -3 %. Vor allem bei der Anschaffung langlebiger Konsumgüter, welche etwa ein Zehntel des Konsums der privaten Haushalte ausmachen, zeichnet sich ein Rückgang ab. Dies ist die Gegenbewegung des pandemiebedingten Booms. Insgesamt geht das WIFO für das Jahr 2023 von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von real -0,8 % aus.
14.041 offenen Stellen im Einzelhandel
Zumindest am heimischen Arbeitsmarkt scheint der Höhepunkt des Personalmangels überschritten zu sein. „Der Bestand an unbesetzten Stellen im Einzelhandel ist zwar weiterhin hoch, liegt aber bereits um 20,6 % unter dem Niveau des Vorjahres. Aktuell können wir 14.041 offene Stellen nicht zeitnah besetzen“, so Rainer Will, der bundesweite Sprecher des Handels.
WIFO-Prognose für 2024
2023 haben die real verfügbaren Einkommen stagniert (+0,1 %). 2024 dürfte der private Konsum im Zuge des Anstiegs des real verfügbaren Haushaltseinkommen wieder expandieren. Für den Handel (inkl. KFZ und Großhandel) prognostiziert das WIFO ein leichtes Plus von +1,9 % – sofern die Ausgaben nicht erneut in Urlaub und Dienstleistungen abfließen. Gesamtwirtschaftlich erwartet das WIFO 2024 ein Wachstum von +1,2 %.
In den Sommermonaten bis einschließlich September hat sich der schwache Geschäftsgang wie auch das pessimistische Stimmungsbild der heimischen Einzelhändler weiter verfestigt. Zuletzt zeigen Umfragen, dass eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau möglich ist.
Jürgen Bierbaumer