Die Kunden erwarten rasche und kompetente Antworten auf Fragen, das bezieht sich auf das Gespräch mit der Kundenberatung in der Filiale bzw. über digitale Distanz nach dem Einstieg auf der Website oder im Online-Shop. Klassische Telefon-Callcenter führen oft zu Warteschlangen, die neueren Chatbots erlauben rasche Interaktion, besonders große Hoffnung liegt in der Dynamik der künstlichen Intelligenz.
Das Verfassen dieses Artikels zu Kundenservice wurde mit einer realen Recherche in zwei Branchen begonnen: beim führenden Provider für Telekommunikation in Österreich und bei einem großen Elektrohändler mit Zentrale in Deutschland.
Der Blick auf die Kontaktmöglichkeiten auf der Website des Providers offenbarte, dass das Service Team nur von Montag bis Freitag telefonisch aktiv ist, das war schlecht bei meiner Recherche am Sonntag. Außerdem kenne ich dieses Callcenter aus der Vergangenheit, man navigiert sich mit Zahlen und #-Taste in die Warteschleife. Mit Freude bemerkte ich daher den integrierten Chatbot, die Kommunikation mit „Kara“ wurde gleich ausprobiert. Auf die erste Frage nach Informationen für ein neues Handy wurde ich als Kunde distanziert auf die Seite mit den Mobilpoint-Punkten geleitet. Auf die zweite Frage zu Unterbrechungen bei meiner Internet-Verbindung hängte sich Bot Kara unvermittelt auf (vielleicht weil ich das Wort „Unterbrechung“ eingegeben habe) und forderte zum Neustart des Chats auf.
Beim Blick auf die Kontaktseite auf der Website des internationalen Elektrohändlers ist gleich der integrierte Chatbot aufgefallen. Die Kommunikation mit „Emmi“ wurde auch gleich ausprobiert. Ich wollte die Vorteile des neuen iPhones kurz zusammengefasst haben, bzw. wäre auch ein Link zur Produktbeschreibung hilfreich gewesen. Die Antworten von Emmi waren bei unterschiedlichen Fragen immer stereotypisch einheitlich, es wurde immer die Hilfe rund um das Thema Produktverfügbarkeit in den Raum gestellt.
Der Kontakt mit dem Service machte die positiven Schritte in die digitale Richtung erlebbar, aber die Experience ist noch ausbaufähig. Vor allem ChatGPT hat die erlebten Erwartungen an die Lösungskompetenz von künstlicher Intelligenz stark ansteigen lassen, auf Fragen bekommt man teilweise unglaublich fundierte und rasche Antworten. Dieser Artikel soll die Einordnung zum aktuellen Stand der Integration in das Kundenservice unterstützen.
Kundenservice mit schwacher und starker KI
Der Begriff „Kundenservice“ kann eng oder breit definiert werden. Die enge Betrachtung verbindet mit dem Kundenservice eine Lösung bei einem Problem oder einer Beschwerde. Man meldet sich beim Unternehmen, von dem man ein Produkt oder eine Dienstleistung bezieht, in der Erwartung einer hilfreichen Antwort oder eines flexiblen Entgegenkommens. Die breite Sicht betrachtet diesen Geschäftsbereich als Schnittstelle für eine positive Erfahrung bei der Nutzung. Damit verbunden sind Leistungen wie Kundenberatung mit Produktinformationen, technischer Support, Beschwerdemanagement, Garantien & Rückgaberecht und die Möglichkeit für Kundenfeedback zum Verbessern der eigenen Angebote.
Bei der Verbindung zur künstlichen Intelligenz müssen die Fähigkeiten bezogen auf den Grad der Autonomie und die Intelligenz unterschieden werden. „Schwache KI“ bezieht sich auf künstliche Intelligenz, welche für eine bestimmte Aufgabe programmiert wurde. Sie simuliert menschliche Intelligenz für begrenzte Aufgaben, ohne eigenständig Probleme zu lösen. Man ordnet der schwachen KI keine Kreativität im eigentlichen Sinne zu, sondern diese entwickelt nur anhand von Mustern und Daten. Beispiele für schwache KI sind Chatbots, Algorithmen der Empfehlung, Sprach- & Bilderkennung und Sprachassistenten.
ChatGPT ordnet sich selbst auch dieser Kategorie zu, mit dem Verweis auf die Programmierung von menschenähnlichen Textantworten auf eine breite Palette von Fragen. „Starke KI“ wird eine Intelligenz ähnlich der menschlichen Intelligenz zugeordnet, das inkludiert eigenständiges und vorausschauendes Handeln. Es ist derzeit der Konsens, dass diese Form der künstlichen Intelligenz noch nicht existiert, doch die Forschung arbeitet daran.
Davon abgeleitet ergeben sich Möglichkeiten und Einschränkungen: Kundenservice kann über Anwendungen wie Chatbots (in diesem Zusammenhang wird hier auf den Artikel https://elektrobranche.at/artikel/chatbots-unterstuetzen-kundenerlebnis/ verwiesen) mit starkem Training (!) zu Themen rund um das einsetzende Unternehmen intelligent funktionieren (dieser Punkt wird bewusst stark betont, auch ChatGPT wurde intensiv über umfangreiche Daten trainiert), die Fähigkeiten rund um Spracherkennung werden den Einsatz noch bessern. Es ist davon auszugehen, dass die Maschine zunehmend komplexe Anfragen übernehmen kann.
Konversationelle KI im Kundenservice
Die wesentlichen Schnittstellen im Kundenservice sind Text und Sprache, man fragt schriftlich oder artikuliert mündlich gegenüber einem Unternehmen. Das Feedback nutzt üblicherweise auch wieder diese Form der Kommunikation. Künstliche Intelligenz, welche menschliche Unterhaltungen simulieren kann, wird als „Konversationelle KI“ bezeichnet. Dies wird durch Natural Language Processing (NLP) in Verbindung mit Maschine Learning ermöglicht, damit können Computer die menschliche Sprache verstehen und verarbeiten.
Konversationelle KI Systeme werden mit großen Datenmengen wie Text und Sprache trainiert. Das System lernt und nutzt dieses Wissen, um auf natürliche Weise mit Menschen zu interagieren. Diese KI-Systeme lernen ständig aus den Interaktionen und verbessern mit der Zeit die Antwortqualität. Es gibt in diesem Zusammenhang laufend Fortschritte, geprägt von Entwicklungen durch die Wissenschaft und Wirtschaft für den Aufbau von KI-Agents als virtuelle Kundenservice-Mitarbeiter zum Verwenden bei Text- oder Sprachunterhaltungen und verbesserter Chatbots zum Beantworten von Fragen & für Support.
Kundenservice & KI in der Praxis
Die Anzahl der KI-Systeme für den Einsatz in Unternehmen steigt, bzw. es ist von laufenden Innovationen auszugehen (z.B. von Google mit der Contact Center AI Platform).
Ganz konkret lässt sich das Verbinden der hinter ChatGPT stehenden Technologie mit Kundenservice am KI-Chatbot der Tourismus-Region Wagrain-Kleinarl greifbar erleben. Der „AI-Concierge“ steht den Gästen rund um die Uhr zur Verfügung, brauchbare Antworten gibt es in mehreren Sprachen. Für eine kundennahe Kommunikation wurde das KI-System mit Inhalten der Website und der eigenen Kanäle versorgt, darauf aufbauend trainierten das Team der Region und der KI-Dienstleister „goodguys“ das System auf Zusammenhänge rund um die Destination im Salzburger Land.
Zusammenfassend
Kundenservice gehört zu den wichtigen Säulen für Customer Experience. Mit Chatbots konnten erste Erfolge verbucht werden, mit der künstlichen Intelligenz werden die Möglichkeiten auf ein neues Level gehoben. KI-Chatbots wie in der Tourismusregion Wagrain-Kleinarl bestätigen das Potenzial, wobei Einsatz mit Training zum Content dazugehört.
FH-Prof. Mag. Harald Rametsteiner
UPGROW Marketing Consulting
Leiter des berufsbegleitenden Masterlehrgangs „Digital Marketing“ der Fachhochschule St. Pölten
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