Reparaturbon oder nicht? Stellen Sie sich vor, das Herzstück Ihres Betriebes ist die Reparatur und jeder weiß das. Ins Wiener Reparaturnetzwerk werden Sie aber trotzdem nicht aufgenommen, weil Ihr Fokus – zumindest in den Augen eines so genannten „Beirats“, der über die Aufnahme entscheidet – auf dem Verkauf liegt und der sich zudem an der Aufmachung Ihrer Webseite stößt. Da nützt es dann übrigens auch nichts, wenn man eindeutig belegen kann, dass man in erster Linie ein Reparaturbetrieb ist.
Unser Bürgermeister hat den Reparaturbonus vergangenes Jahr ins Leben gerufen“, grinst der Wiener Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky wie das sagenumwobene Honigkuchenpferd in die Kamera. „Deshalb gibt es ihn auch dieses Jahr wieder, mit mehr Geld und mit mehr Reparaturbetrieben.“ Er schmunzelt abschließend wohlwollend und merkt natürlich noch an, kürzlich erst seine Wanderschuhe zur Reparatur gebracht zu haben – man gönnt sich ja sonst nichts.
Reparaturbon ist ein „Geschenk“
Szenenwechsel zum angesprochenen Wiener Bürgermeister Michael Ludwig: Mit großem Interesse habe er immer verfolgt, wie das Reparatur- und Servicezentrum (R.U.S.Z) sich zum Ziel gesetzt habe, Dinge nicht wegzuwerfen, sondern sie in Bestand zu halten. „Der Wiener Reparaturbon ist ein Geschenk für die Wienerinnen und Wiener von der Wiener Wirtschaft“, tönt es im Anschluss aus dem Off. Der Beitrag, zu sehen auf der wien.gv.at Seite, hebt die Vorzüge des Reparaturbons hervor und spart nicht mit Pathos und politischer Selbstbeweihräucherung. Natürlich, muss so sein.
An und für sich ist der Reparaturbon ja auch eine super Sache, nur „an der Umsetzung hapert es gewaltig“, wie Erna Komoly, Geschäftsführerin von Red Zac Schwarz, auf www.elektrobranche.at kommentierte. Wir haben bei Red Zac Schwarz alias Fernsehdoktor Schwarz und bei den Verantwortlichen des Reparaturnetzwerks nachgefragt.
Zwischen Enttäuschung & Grenzfall
„Wissen Sie, normalerweise kommentiere ich nicht schnell etwas im Internet, aber das war mir ein Bedürfnis“, schildert Komoly. „Es war nämlich schon eine herbe Enttäuschung für uns, dass wir nicht am Reparaturnetzwerk teilnehmen und so auch nicht den Reparaturbon entgegennehmen können. Wir sind einer der wenigen Betriebe, die noch alles reparieren können. Wir leben von den Reparaturen. Es ist bitter, wenn man immer wieder Leute wegschicken muss, die bei uns den Reparaturbon einlösen wollen und es nicht geht“, sagt Komoly.
Dabei hat „Fernsehdoktor“ Schwarz sogar mehr Leute im Reparaturbetrieb (fünf Ganztagskräfte, einen Lehrling und eine Person in Altersteilzeit) als für den Verkauf im angeschlossenen Fachhandel (zwei Ganztagskräfte, eine Teilzeitkraft und eine Person in Altersteilzeit) angestellt – das ist übrigens eines der Aufnahmekriterien fürs Wiener Reparaturnetzwerk. Und auch bei der Umweltberatung, die das Reparaturnetzwerk betreut, heißt es auf Nachfrage ebenfalls: Der Betrieb muss den Arbeitsschwerpunkt bei der Reparatur haben, es sei irrelevant, ob er Produkte verkaufe oder nicht. Genau das sei laut Komoly ja ohnehin gegeben: „Die Kriterien erfüllen wir und wollen unseren Service sogar noch weiter ausbauen und weitere Mitarbeiter anstellen“.
„Man will uns nicht dabei haben“
Einer von Komolys Mitarbeitern, Serviceleiter Franz-Josef Mair, der sich für die Aufnahme ins Netzwerk stark gemacht hat, hadert mit der Situation: „Ich habe das Gefühl, die Absage hat andere Gründe. Jemand will uns hier einfach nicht dabeihaben.“
Die Vorzeichen, in das Netzwerk aufgenommen zu werden, schienen zunächst nämlich sehr gut zu sein, wie Mair erzählt: „Die Besichtigung durch einen Herrn von der Umweltberatung war toll. Er ist übrigens auch ein Kunde von uns und meinte, dass einer Teilnahme sicher nichts im Weg stünde. Umso herber war dann die Enttäuschung mit der Absage“. Elektrobranche.at liegt diese im originalen Wortlaut vor:
„… die Aufnahme von Fernsehdoktor in das Reparaturnetzwerk wurde im Beirat intensiv diskutiert, die Aufnahme wurde vom Beirat leider abgelehnt. Die Begründung: Nach der Entwicklung „von der kleinen TV-Werkstatt zu einem renommierten Elektrofachhandelsgeschäft“ (Zitat Website) ist nun das Reparaturangebot nicht mehr ersichtlich. Der Verkauf von Neuprodukten steht im Vordergrund, inklusive Vertretung konkreter Marken. Fachhandelsgeschäfte sind nicht für die Mitgliedschaft im Reparaturnetzwerk vorgesehen.“
Aus der E-Mail-Absage des Reparaturnetzwerks
Der reparierende Elektrofachhandel muss draußen bleiben
Auf Nachfrage beim Koordinator des Reparaturnetzwerkes erhalten wir folgende Antwort: „Fernsehdoktor Schwarz ist ein Grenzfall, wie wir ihn noch nie hatten. Es stimmt, dass wir den Elektrofachhandel nicht im Netzwerk haben wollen, da diese ihren Schwerpunkt normalerweise auf dem Verkauf haben. Der Fernsehdoktor ist deshalb eine Grauzone, weil er einerseits ein Fachhändler ist, andererseits aus der Geschichte heraus immer einen Reparaturschwerpunkt hatte. Wir haben sogar nochmals im Beirat darüber diskutiert, sind aber zu demselben Ergebnis gekommen.“
Ob man den noch ein drittes Mal über die Aufnahme des Fernsehdoktors im Beirat diskutieren würde, wenn sie eine andere Webseite hätten? Hier möchte man sich (zunächst) nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. „Wenn ich sagen würde, das würde etwas bringen und dann ist es vielleicht doch nicht so, wecke ich falsche Hoffnungen“, so der Koordinator. Nachsatz: „Wir verlinken ja die Webseiten der Reparaturstätten mit unserem Netzwerk, da muss schon klar ersichtlich sein, dass ein Betrieb in erster Linie ein Reparaturbetrieb ist. Derzeit ist der Reparaturservice kaum zu finden“.
Dann setzt er nach: „Der Fernsehdoktor hat ja auch zwei Standorte. Wenn jetzt einer der Standorte gänzlich ein Reparaturbetrieb wäre… aber wie gesagt, ich kann hier keine falsche Hoffnung wecken und auch nichts versprechen. Das entscheidet der Beirat“. Und natürlich könne man sich immer wieder neu bewerben…blöd halt nur, wenn man bei der nächsten Bewerbung immer noch ein Elektrofachhändler ist…
Übrigens, noch ein pikantes Detail am Rande: Der Fernsehdoktor repariert mitunter auch Geräte von Betrieben, die sehr wohl beim Reparaturnetzwerk dabei sind und den Reparaturbon akzeptieren, deren technische Kompetenzen allerdings nicht ausreichen, um auch wirklich alles reparieren zu können…
wien ist anders,….. schade um eine gute aktion. zum glück kommt von wko auch ein reparaturbonus.
Ich bin ja kein Wiener, daher bin ich ob dieser Nestroy artigen Posse durchaus irritiert.Jemand der was vom Fach versteht, und der – laut Wiener Freunden- einen sehr guten fachlichen Ruf hat, wird durch die dilettantische Umsetzung einer an sich guten Idee gehindert den Kunden zu helfen ?!? Da ist unser oberösterreichisches Modell des Reparaturbonus wohl um einiges praxisnaher und fairer: https://www.land-oberoesterreich.gv.at/reparaturbonus.htm
Endloch greift mal wer das Thema auf.
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man für die Wiener Komödie ja fast schon Vergnügungssteuer kassieren. Aber wen wundert es – Das nächste Thema das die Wiener Parkpickerl Abzocker gründlich versammeln.
Wie schaut es denn da bezüglich Wettbewerbs-Benachteiligung aus?
Hat das schon mal wer geprüft?
Oder kann der Herr Wiederkehr da als Transparenz-Zuständiger auch nix machen – wie schon des öfteren?
Was sagen die Herstellern dazu? – Hat sich mal wer die Liste angesehen? Beim autorisierten FH schaut der Kunde durch die Finger, beim „Schrauber“ wird unterstützt – oder?
Aber daß der Bund das Wiener Modell übernehmen will – haben die das vielleicht gar nicht gelesen?
Was sagen denn die Bundesländer dazu?
Oder unsere Kooperationsverteter in den Zentralen von Electronicpartner, Expert und Red Zac – Zumal letzterer ob des aktuellen Werbeslogan einstweilen gar nix „red“.
Können wir nur hoffen, dass das kräftig nachgebessert wird.
Wir können nur hoffen dass wenn der Österreichweite Reparaturbonus kommt das Wiener Model doch etwas überarbeitet wird