Alles andere als normal lief das Jahr 2022 für den Einzelhandel ab – etwa im Bereich Kostensteigerungen. Und auch jetzt ortet WKO-Handelsobmann Rainer Trefelik eine anhaltende Konsumzurückhaltung.
„Auch wenn wir im vergangenen Jahr endlich keine Lockdowns mehr hatten, war 2022 für den österreichischen Handel alles andere als ein normales Jahr. Der Einzelhandel litt – und leidet teilweise nach wie vor – unter der Konsumzurückhaltung seitens der Konsument:innen. Weiters war 2022 von enormen Kostensteigerungen geprägt, die nicht nur die einzelnen Betriebe und die Konsumentinnen und Konsumenten belasten, sondern sich auch in der gesamten Konjunktur niederschlagen. Tatsache ist auch, dass diese Kostensteigerungen nicht in vollem Umfang weitergegeben wurden“, sagt Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
Und weiter sagt er anlässlich der Bilanz-Pressekonferenz des heimischen Einzelhandels: „Die Zeichen stehen aktuell eher auf Normalisierung: Der Tourismus läuft, Kultur und Events sind gefragt. Die Lust aufs gesellschaftliche Leben – der Drang zum Leben – ist wieder erwacht. Die Lust auf Shopping noch nicht so ganz“, so der Sprecher des österreichischen Handels.
Zu den Zahlen für das Jahr 2022: Das Economica Institut für Wirtschaftsforschung errechnete auf Basis der vorläufigen Zahlen der Statistik Austria zwar ein nominelles Plus: Die Netto-Umsätze im Einzelhandel stiegen um 8,1 Prozent auf insgesamt 80,7 Milliarden Euro. „Dieses Umsatzwachstum ist jedoch preisinduziert. Die hohen Preissteigerungen, die in diesem Zeitraum bei 8,9 Prozent liegen, zehren den Anstieg völlig auf. Die preisbereinigte Entwicklung ist sogar leicht negativ“, führt Handelsexperte Peter Voithofer vom Economica Institut aus. Konkret liegt das reale Minus im Einzelhandel 2022 bei 0,8 Prozent. Zu denselben Einschätzungen kam kürzlich auch der Handelsverband.
Wenige Branchen mit realem Konjunkturplus
Große Unterschiede gibt es in der Entwicklung der einzelnen Branchen: Das höchste Umsatzplus im Vergleich zu 2021 erzielt der Bekleidungshandel mit 19 Prozent, gefolgt vom Schuhhandel (+10,4 Prozent) und dem Sportartikelhandel (+5,9 Prozent). „Doch auch diese Zahlen sind nicht ganz so positiv, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Denn vom Vorkrisenniveau sind manche Branchen nach wie vor ein Stück entfernt“, erklärt Voithofer. So liegt etwa der Bekleidungshandel noch 5,9 Prozent unter dem Wert von 2019, der Schuhhandel sogar 16,1 Prozent darunter. Aber auch verglichen mit 2021 erzielen real nur wenige Branchen ein Umsatzplus: Neben den genannten Bereichen Bekleidung, Schuhe und Sport sind das noch der Spielzeughandel sowie Drogerien.
Ein reales Minus im Vergleich zu 2021 verzeichnen unter anderem die Bereiche Bau- und Heimwerkerbedarf (-2,6 Prozent), Lebensmittel (-3,2 Prozent), Zeitschriften (-3,7 Prozent), Elektro (-4,7 Prozent) sowie Möbel (-6,2 Prozent). Und auch der Online-Handel bilanziert 2022 negativ: Der nominelle Umsatzrückgang im österreichischen Online-Handel beträgt 3,2 Prozent, real entspricht das einem Minus von sogar 7,8 Prozent. „Der Online-Boom in den Jahren 2020 und 2021 war zu großen Teilen pandemie- und lockdownbedingt und scheint zumindest vorläufig vorbei zu sein“, kommentiert das Peter Voithofer.
Beschäftigung steigt gegenüber Vorkrisenniveau deutlich
Positiv entwickelt sich die Beschäftigung im österreichischen Handel: Mit 572.304 unselbständig Beschäftigten im Jahr 2022 steigt die Zahl der Erwerbstätigen um 1,8 Prozent, wovon 306.046 Beschäftigte auf den Einzelhandel entfallen, 197.132 auf den Großhandel und 69.126 auf die Kfz-Wirtschaft.
„Im zweiten Halbjahr hat sich das Beschäftigtenwachstum zwar etwas eingebremst, aber wir sind immer noch im Plus, gegenüber dem Vorkrisenniveau beschäftigt der heimische Handel sogar 3,4 Prozent oder 18.652 mehr Menschen. Und wenn die Betriebe ausreichend Leute bekommen würden, wäre die Zahl der Jobs noch größer“, betont Sonja Marchhart, stellvertretende Geschäftsführerin der WKÖ-Bundessparte Handel. Denn der Arbeitskräftemangel ist mittlerweile ein massives Problem, wie auch die Zahlen zeigen: Während die Zahl der Arbeitslosen im Einzelhandel 2022 um 20,3 Prozent gesunken ist, meldet die Branche um 6.348 oder 42,6 Prozent mehr offene Stellen.
Ausblick für 2023
Im Ausblick auf das heurige Jahr ortet Trefelik die Hoffnung auf ungestörte Geschäftsentwicklung im Handel trotz anhaltender – wenn auch rückläufiger – Kostensteigerungen. Allerdings besteht die Sorge, dass die anhaltende Konsumflaute zur Ertragsflaute für die heimischen Handelsbetriebe werden wird. „Wenn sich die Kostensteigerungen der vergangenen Jahre summieren, dem aber keine Einnahmensteigerungen gegenüberstehen, wird das für viele zum Problem“, warnt Trefelik.
Ziel müsse daher sein, nachhaltig erfolgreiche Geschäftsmodell zu unterstützen und die Ertragskraft abzusichern. „Der Energiekostenzuschuss II birgt jedenfalls eine positive Perspektive für das aktuelle Jahr 2023“, so der Handelsobmann abschließend.