Mit diesem Mix – gepaart mit viel technischem Wissen und handwerklichem Geschick – umschiffte Österreichs Elektrotechniker Christoph Rumpler allerlei Widrigkeiten am Weg zu den WorldSkills-Bewerben in Salzburg. Belohnt wurde das schließlich mit einem ausgezeichneten 10. Platz inkl. „Medallion für Excellence“. Eine Reportage in Bildern & Videos.
Die Vorgeschichte der WorldSkills ist hinlänglich bekannt: Ursprünglich hätte Shanghai Schauplatz der Berufs-WM 2022 sein sollen. Lockdowns und andere Pandemiebeschränkungen führten allerdings dazu, dass Ende Juni die an einem Standort geplanten Berufsweltmeisterschaften auf 15 Austragungsländer verteilt wurden. Mit dabei auch Österreich. Im Rahmen der WorldSkills Competition 2022 Special Edition Austria wurden von 23. bis 27. November 2022 in Salzburg sieben Wettbewerbe, darunter Elektrotechnik, zeitgleich mit der Berufs-Info-Messe (BIM) ausgetragen.
Viel Eigeninitiative von Christoph Rumpler
23 Teilnehmer aus der Schweiz, Deutschland, UAE (Vereinigte Arabische Emirate), Kanada, China, Spanien, Frankreich, Hongkong (China), Ungarn, Indien, Iran, Japan, Korea, Kasachstan, Mongolei, Namibia, Norwegen, Philippinen, Taiwan, Großbritannien, Vietnam und Südafrika, stellten sich bei „Electrical Installations“ den nicht ganz einfachen Aufgaben, die innerhalb von drei Tagen bzw. 20 Stunden zu lösen waren.
Für Österreich nahm der Steirer Christoph Rumpler (Fa. Windisch Elektro Technik) teil. Für ihn ging damit ein nicht ganz einfacher Weg mit wenig Freizeit und viel Training zu Ende. Eine Zeit, die aufgrund krankheitsbedingten Rückzugs seines Betreuers und WorldSkills-Experten Thomas Benkö viel Eigeninitiative von ihm forderte. Dazu gehörte etwa die dadurch nötige Umstellung des Trainings, wo ihn in weiterer Folge der Steirer Stefan Prader, seines Zeichens Vizeeuropameister 2021, unterstützte.
Aus einem Training, wo der Trainer dabei ist, wurde ein „Ferntraining“, bei dem Christoph Rumpler mit Prader per Telefon, WhatsApp, Fotos, Videos Kontakt hielt. Von seiner Firma wurde Christoph auch dahingehend unterstützt, dass in einer Fertigungshalle für Verteiler ein Trainingsplatz eingerichtet wurde. Mit Stefan Prader wurden Übungsprojekte, vorgegebene Zeiten und Teilziele vereinbart und am Wochenende persönlich vor Ort analysiert. Sonst war Rumpler punkto Technik und Ausführung allein auf sich gestellt.
Mit dem Wiener Elektrotechniker und Lehrlingswart Bernhard Wilke wurde im Sommer doch noch ein neuer Skills-Experte gefunden, der das technische Wissen hat und zudem gutes Englisch spricht – wichtig für die Kommunikation unter den Experten. Er erklärte sich bereit, die doch umfangreiche Tätigkeit neben seinem Hauptberuf auszuüben: „Nach ersten persönlichen Treffen übernahm Stefan (Prader, Anm.) das Training. Das hätte ich von Wien aus nicht so intensiv machen können.“
Außergewöhnliche Umstände für Veranstalter & Teilnehmer
Nach der kurzfristig entschiedenen Aufteilung auf 15 Austragungsländer wurden innerhalb von vier Monaten die „Special Editions“ organisiert. Für Salzburg bedeutete das, neben Termin und Platz auch die notwendigen Materialien und Werkzeuge zu organisieren. Gerade im Bereich der Elektrotechnik gab es da auch zahlreiche Lieferprobleme, die bewältigt werden mussten, wie etwa bei KNX-Komponenten. Hier sprang aber dankenswerterweise Smart Home-Profi Siblik kurzfristig in die Bresche und konnte fehlende Bauteile am letzten Tag liefern – harte Zusatzaufgaben für Workshop-Manager Matthias Moser, als Vize-Europameister 2016 und WorldSkills-Teilnehmer bislang eher nur mit normalen Abläufen vertraut.
Wilke: „Es mussten auch statt normaler Schnittstellen alte USB-Schnittstellen verwendet werden.“ Das Biegen von Kunststoffrohren mit Heatguns, wie es international noch üblich ist, musste ebenfalls entfallen, da nicht genügend Biegefedern lieferbar waren. Wie außergewöhnlich diese WorldSkills aber für Christoph Rumpler waren, das konnte am besten Stefan Prader beurteilen: „Es war eigentlich ein Selbsttraining mit Fernaufsicht. Wir hielten unter der Woche telefonischen Kontakt bzw. per Mail und Fotos. Am Wochenende wurde dann gemeinsam vor Ort bewertet und herausgearbeitet, worauf noch mehr geachtet werden muss. Mit diesen Infos hat Christoph ein neues Test-Projekt begonnen und die Tipps einfließen lassen.“
Da Prader selbst mit reichlich Arbeit eingedeckt war, konnte er ihn nicht direkt beim Trainingsablauf beobachten, weiß aufgrund seiner eigenen Erfahrungen aber, dass das eine ganz große Leistung war. Dementsprechend ist er für seinen „Schützling“ auch voll des Lobes: „Christoph hat regelmäßig in den Trainingspausen Selbstreflexion betrieben, hinterfragt, was wie besser ginge und wie die Zeitvorgaben eingehalten worden sind. Es ist hoch anzurechnen wie er das durchgezogen hat. Wichtig sind da auch die Zwischenziele in bestimmter Zeitspanne, da diese Punkte ja auch bei den Wettbewerben in die Bewertung einfließen
Drei Tage volle Konzentration
Für das WorldSkills-Projekt selbst hatten die 23 Teilnehmer genau 20 Stunden Zeit. Normalerweise gibt es dann eine Stunde für die Fehlersuche, wo jeder bestimmte Aufgaben einzeln lösen muss. Dieser Teil musste aus Zeitgründen allerdings gestrichen werden, als Ersatz wurde am zweiten Wettkampftag eine Änderung der Installation – Versetzung eines bereits verlegten Kabelkanals inklusive eingelegter Kabel um 10 cm – angeordnet.
Das Projekt beinhaltete eine Industriesteuerung mit Logo! – ein Motor mit Richtungsänderungen – sowie ein KNX Smart Home, eine einfache Haussteuerung mit Bewegungsmelder, Jalousiensteuerung, Schaltern und Lichtszenen. Originalkommentar von Christoph Rumpler: „Zeitfaktor und Programmierung waren die größte Herausforderung, durch die Verwendung verschiedener Komponenten von unterschiedlichen Herstellern auch etwas komplexer.“
Dazu muss außerdem noch festgehalten werden, wie auch Christoph Rumplers Chefin Silvia Reindl von Windisch Elektro Technik anmerkte: „Wir machen ja eher Verteilerbau und sind in der Industrieelektrik daheim. Da hat er mit Gebäudetechnik kaum etwas zu tun. Da ist sein Ergebnis umso höher zu bewerten. Es ist fantastisch, wie er sich das antrainiert hat.“ Prader und Wilke waren ebenfalls voll des Lobs: „Er spricht super englisch, bleibt sehr ruhig, lässt sich von den Besuchern nicht ablenken, ist technisch gut drauf und arbeitet sehr genau.“ Das sah man auch im Vergleich zu anderen Teilnehmern bei den Gehrungen der Kabelkanäle. Geschwind arbeiten und trotzdem genau zu sein war die Devise – und auch das limitierte Material gut zu nutzen.
Aufatmen nach der Schlusssirene
Christoph Rumpler war der Stein, der ihm gleich nach dem lauten und langen Applaus seiner Anhänger (darunter auch der steirische LIM Christian Gaich, Bundesspartenobfrau Renate Scheichlbauer-Schuster, dem steirischen Skills Austria-Chef Josef Herk und Stefan Praschl, Österreichs technischem Delegierten bei den WorldSkills) vom Herzen fiel, so richtig anzusehen. „Es ist ein unglaubliches Erlebnis. Leider ist mir bei der Programmierung die Zeit ausgegangen, ich hatte einen versteckten Programmierfehler, Die Projekte sind bei den Skills so geplant, dass sie für jeden eine Herausforderung sind und kaum komplett fertig gestellt werden – können aus Zeitgründen“, so Christoph Rumpler in einer ersten Stellungnahme.
Ein Ergebnis war zu diesem Zeitpunkt für keinen Teilnehmer absehbar. Erste Bewertungen, etwa Genauigkeit der Installation, erfolgten schon nach dem ersten und dem zweiten Tag. Das Ergebnis der Programmierung und das Gesamtprojekt kam erst nach sechs Stunden am Schlusstag dran. Die Punktevergabe und die Gewichtung ist bei den WorldSkills sehr korrekt. Skills-Experte Wilke: „Kein Experte weiß vom anderen, das Auswertesystem ist fast nur elektronisch und die Punkte müssen ohne große Differenz verteilt sein. Falls nicht, wird neu abgestimmt.“ Gar nicht so einfach auch für die Experten, da ja doch weltweit unterschiedliche Installationsweisen existieren – aber die Vorgaben kennen alle. So darf etwa bei der Wasserwaage die Blase maximal einen Strich berühren. Geht sie drüber, gibt es Punkteabzüge.
Warten auf das Ergebnis
Nun lagen noch 24 Stunden Spannung vor den Teilnehmern, denn erst Sonntag Nachmittag wurden bei der Schlussfeier vor zahlreichem Publikum die Ergebnisse bekannt gegeben. Bei der Elektrotechnik gab es ex aequo Gold für Shouan Yu aus China und Sheng-Ru Xiao (Taiwan). Auch Bronze gab es gleich zweimal: für den Schweizer Patrik Siegenthaler und Fredrik Vehus Skjerve aus Norwegen. Obwohl es nicht für einen Stockerlplatz reichte, wurde auch Christoph Rumpler auf die Bühne gebeten – dank seiner hervorragenden Leistung erhielt er gemeinsam mit acht Mitbewerbern ein Medallion for Excellence und erreichte mit 710 Punkten den 10. Platz in diesem Feld der Spezialisten.
Ein glücklicher Christoph Rumpler: „Danke an alle, die mich unterstützt und an mich geglaubt haben. Es hat viel Freude gemacht zusehen, wie alles vorangeht – und man aus den Rückschlägen auch lernen kann. Ich bin gespannt, wie lange mich die 70-Stunden-Wochen noch verfolgen werden.“
Auch wenn Christoph Rumplers erste Aussage nach Projektende lautete: „Endlich gibt es wieder ruhige Wochenenden“, wird das vielleicht nicht allzu lange andauern. Wer solche Leistungen erbringen kann, hat sicherlich auch weitere Pläne. Seine Chefin Silvia Reindl sieht zwar zuerst einmal die menschliche Seite: „Die Balance zwischen menschlicher Stärke, Wissen und Potenzial ergänzt sich bei ihm wirklich gut“ – aber dann kommt gleich wieder die Technik zum Zug: „Ich könnte mir vorstellen, dass er die Befähigungsprüfung anstrebt. Wir wollen ihm alle Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, dass er sich auch bei uns entwickeln kann. Fortbildung ist wichtig – und da werden wir ihn voll unterstützen.“
„Jetzt wird einmal Pause gemacht, aber in 6 bis 12 Monaten hab ich schon die ersten Kurse für die Befähigungsprüfung im Blickfeld“, so Christoph Rumpler voller Tatendrang.
„Wir wissen, dass er ein Top-Elektriker ist“
Stolz auf ihren Mitarbeiter ist auch Silvia Reindl, Mitglied der vierköpfigen Geschäftsführung von Windisch Elektro Technik: „Wir haben uns nie Sorgen um ihn gemacht. Wichtig war nur, dass er freiwillig dabei ist. Wir haben versucht, ihn nach dem Problem mit dem Trainer zu unterstützen und Freiraum zu schaffen.“ Man habe den Aufwand aber unterschätzt: „Da Christoph als Montageleiter schon eigene Projekte hatte, musste er aus dem Tagesgeschäft rausgenommen werden.“ Das Ergebnis belohnt aber alle die daran beteiligt waren, so etwa Lehrlingsausbilder Benjamin Schaden und Philipp Pußwald, die die Wissensbasis geschaffen hatten: „Es ist positiv, wie Christoph trotz der Hindernisse so eine Leistung hingelegt hat – und dabei immer ruhig geblieben ist.“
Stolz ist auch Vater Philipp Mirtler (Christoph Rumplers Mutter Monika konnte leider krankheitsbedingt nicht dabei sein, Anm.): „Uns als Eltern ist erst durch WorldSkills und Training wirklich bewusst geworden, welche Leistung Christoph erbringt.“ Als Sprachrohr der Geschäftsführung resümierte Reindl: „Unsere Techniker würden sagen, Christoph hat ein richtig gutes Wissen, das er auch wenn er gefordert wird gut abholen kann. Wir wissen, dass er auch mental sehr stark ist.“