Die Energiewende für sich nutzen wollte offenbar auch ein Kärntner Brüderpaar – eine eigene PV-Anlage war ihnen dafür allerdings nicht genug. Stattdessen errichteten sie – unter tatkräftiger Mithilfe eines unterschlagenen Firmenstempels – angeblich rund 100 Anlagen, illegal und ohne Konzession. Zwei dieser Anlagen sind bereits in Flammen aufgegangen.
Worte sind mächtiger als das Schwert, sagte dereinst der englischen Autor Edward Bulwer-Lytton sinngemäß – das Allermächtigste dürfte (zumindest in Österreich) aber wohl ein Firmenstempel sein. Um einen solchen geht’s nämlich in einem gewaltigen – wenn durchaus auch kuriosen – Betrugsfall in Kärnten. Wie mehrere Tagesmedien übereinstimmend berichten, sollen zwei Brüder dort nämlich den Firmenstempel eines Klagenfurter Elektrikers „in ihre Gewalt gebracht“ und diesen dann dazu genutzt haben, über 100 Photovoltaik-Anlagen illegal zu errichten. Zwei der Anlagen sind bereits abgebrannt, für die restlichen Betrugsopfer könnte das jetzt aber auch noch ein Förderungs-Nachspiel haben. Aber zuerst besser alles der Reihe nach…
Die Macht des Firmenstempels
Alles begann in der Polizeiinspektion Maria Saal. Dort wurde kurz vor Weihnachten nämlich angezeigt, dass zwei Geschäftsführer einer Firma in Villach den Firmenstempel einer Elektrofirma aus dem Bezirk Klagenfurt widerrechtlich in Besitz genommen und für 15 Monate unterschlagen hätten. Dabei soll die Entwendung vermutlich schon im September 2021 geschehen sein.
Seitdem sollen die beiden Beschuldigten (mit Hilfe des gekaperten Firmenstempels) vermutlich rund 100 Photovoltaik-Anlagen errichtet und offiziell mit Prüfbericht abgenommen haben. An dieser Stelle fast schon unnötig zu erwähnen, dass die beiden natürlich über keine aufrechte Elektrotechnik-Konzession verfügen.
Nachdem das Verschwinden des Firmenstempels entdeckt wurde, forderte der rechtmäßige Stempel-Besitzer, ein 64-jähriger Inhaber einer Elektrofirma aus dem Bezirk Klagenfurt, die beiden Geschäftsführer auf, besagten Stempel zurückzugeben und gleichzeitig eine Liste der getäuschten Kunden zu übermitteln. Den Stempel fand er später in seinem Postkasten, eine Kundenliste gab’s jedoch nicht.
Bisher 80 Geschädigte ausgeforscht
Durch Ermittlungen konnten bisher 80 Fälle aufgedeckt werden – ein paar weitere dürften vermutlich noch folgen. Bislang konnte dem Brüderpaar (47 und 57 Jahre alt) schwerer Betrug mit einer Schadenssumme von mehreren hunderttausend Euro sowie Fundunterschlagung nachgewiesen werden. Auch haben sie ihre Mitarbeiter dazu angestiftet, mit dem Firmenstempel die Dokumente, die zur Abnahme einer Photovoltaikanlage notwendig sind, zu beglaubigen. Darunter auch die Dokumente, die die zur Einreichung von Fördergeldern benötigt werden.
Das könnte für die Kunden jetzt zu einem zusätzlichen Problem werden. Es steht nämlich im Raum, dass die erhaltenen Förderungen zurückgezahlt werden müssen, da diese eben nicht regelkonform errichtet wurden. Außerdem rechnet die Staatsanwaltschaft damit, dass noch viele weitere Betrugsfälle aufgedeckt werden und es sich bei den auf rund 100 geschätzten PV-Anlagen nur um die Spitze des Eisberges handelt.
Zwei Brände durch PV-Anlagen verursacht
Eine Rückforderung der Förderung wäre zwar schlimm, viel schlimmer hat es allerdings zwei der betrogenen Kunden erwischt. Bei ihren Anlagen kam es aufgrund der nicht vorhandenen fachmännischen und ordnungsgemäßen Abnahme zu Bränden. Auch hier könnte die Dunkelziffer höher sein, da ja noch nicht genau eruiert werden konnte, wie viele falsche Abnahmen getätigt wurden.
Mitarbeiter teilweise geständig
Bei einer Hausdurchsuchung konnten jedenfalls mehrere Unterlagen, PCs, Laptops, Firmenhandys und Speicher sichergestellt werden. Eine erste Auswertung der sichergestellten Speicher bestätigte den Tatverdacht, da hier sämtliche gefälschte Dokumente sowie Vorlagen mit gefälschtem Stempel und Unterschrift entdeckt werden konnten. Auch die Mitarbeiter der Brüder sind größtenteils geständig und gaben an, dass sie im Auftrag der beiden Geschäftsführer gehandelt hätten. Die beiden Geschäftsführer zeigten sich bislang weniger kommunikativ. Es gilt für sie die Unschuldsvermutung.