Der branchenübergreifende AI Readiness Report von HV und Google zeigt: KI ist im Alltag angekommen. Erste Betriebe verzeichnen bereits eine Umsatzsteigerung.
Künstliche Intelligenz wird das Leben und Wirtschaften in Österreich so stark verändern wie kaum eine andere Technologie. Der Handelsverband und Google Austria liefern mit dem AI Readiness Report 2025 jetzt erstmals einen umfassenden, branchenübergreifenden Überblick über die Nutzung und Wahrnehmung von KI in Österreich – sowohl aus Sicht der Konsument:innen als auch der Wirtschaft.
Der Optimismus stiegt
Die grundsätzliche Einstellung zu Künstlicher Intelligenz ist bei 42 % der Konsument:innen positiv. Dieser Wert ist deutlich gestiegen. Im letzten Handelsverband Consumer Check vom April 2024 lag er noch bei 37 %. Gleichzeitig sank der Anteil der Kritiker:innen deutlich – von 52 % auf aktuell 22 %.
Besonders offen gegenüber Künstlicher Intelligenz zeigt sich die Generation Z. Zwei Drittel (66 %) der zwischen 1997 und 2007 geborenen Österreicher:innen sehen die Entwicklungen positiv. 57 % beschreiben ihr Interesse und ihre Begeisterung für Technologie als hoch. 51 % verfügen laut eigener Einschätzung über ein solides KI-Wissen. Dementsprechend ist auch das Nutzungsverhalten. Die Jugend setzt sie fast flächendeckend ein (95 %).
Anders verhält es sich bei älteren Generationen ab 60 Jahren. Nur ein Drittel blickt positiv auf KI. Entsprechend geringer ist auch das Interesse für Technologie (30 %) und das KI-Wissen (13 %). Ein Drittel der Gesamtbevölkerung bleibt ganz außen vor und nutzt sie gar nicht.
Hoffnungen und Ängste
Über alle Altersgruppen hinweg verbinden die Menschen mit Künstlicher Intelligenz vor allem mögliche medizinische Fortschritte (56 %) positiv, besonders ausgeprägt ist diese Hoffnung bei den älteren Befragten (69 %). Weitere Hoffnungen liegen in Effizienzsteigerungen (40 %) und besserem Zugang zu Wissen (38 %). Die Gen Z wünscht sich vor allem mehr Convenience im Alltag – etwa durch Verbesserungen im täglichen Leben (44 %), bei den Arbeitsbedingungen (25 %) oder in der Alltagsorganisation (33 %).
KI ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Es besteht auch ein klarer Zusammenhang zwischen Wissen und Einstellung: 78 % derjenigen, die ihr eigenes KI-Wissen als gut einschätzen, sehen Künstliche Intelligenz auch insgesamt positiv. Aufklärung und praktische Erfahrung sind zentrale Hebel, um das Vertrauen in KI-Technologien zu stärken.
Rainer Will, Geschäftsführer Handelsverband
Böswillige Szenarien wie Deepfakes oder Cyberangriffe werden von einer Mehrheit als eine reale Bedrohung wahrgenommen. Ein Drittel der Gesamtbevölkerung (33 %) befürchtet den Verlust von Arbeitsplätzen bzw. wirtschaftliche Ungleichheit durch diese Technologie – bei der Gen Z ist diese Sorge mit 42 % allerdings deutlich stärker ausgeprägt. Spannend ist auch der Gender Gap. Männer stehen Künstlicher Intelligenz deutlich positiver gegenüber als Frauen.
Während exakt die Hälfte der Männer eine sehr oder eher positive Einstellung zu KI hat, sind es bei den Frauen nur 35 %. Auch mit Blick auf die Zukunft überwiegt bei Männern der Optimismus: 54 % erwarten, dass KI ihr Leben in den nächsten fünf Jahren positiv beeinflussen wird – bei den Frauen glaubt das nur gut ein Drittel (37 %).
Martina Oberrauch, Studienleiterin & Senior Research Consultant bei Reppublika Research & Analytics
Den persönlichen KI-Assistent beim Shoppen finden hingegen fast alle gut: 67 % wünschen sich Unterstützung bei der Suche nach dem günstigsten Angebot. 50 % interessieren sich für Produktempfehlungen und Anbieter-Vergleiche. Zurückhaltender sind die Österreicher:innen hingegen bei automatisierten Einkaufslisten oder geschmacklichen Entscheidungen – hier möchte nur ein Drittel Verantwortung an sie abgeben. Bei der Gen Z hingegen sind diese Shoppinglösungen besonders gefragt.
Geld sparen dank KI! Die Hälfte aller jungen Konsument:innen würden ihren Einkauf gern weitgehend an einen KI-Assistenten delegieren, um Zeit zu sparen und personalisierte Empfehlungen zu erhalten. Angesichts der rasanten Entwicklung hin zu KI-gesteuertem Einkaufen und Bezahlen – Stichwort Agentic Commerce – sind das bemerkenswerte Zahlen. KI-Shopping birgt enormes Potenzial.
Rainer Will
Die beliebtesten KI-Tools
Der bekannteste Dienst ist ChatGPT – knapp drei Viertel der Bevölkerung ist der Dienst zumindest ein Begriff. Ein Fünftel der Österreicher:innen und 60 % der Gen Z nutzen ChatGPT mehrmals pro Woche, rund jede:r Zehnte sogar täglich. Mit einer Bekanntheit von 52 % rangiert Meta AI (Llama 4) auf Platz 2 unter den KI-Tools. Durch die Integration in den Messenger-Dienst WhatsApp wurde das Angebot direkt zum Nutzer gebracht – 13 % der Bevölkerung verwenden es mehrmals wöchentlich.
Ich freue mich, dass KI Chat Bots vor allem bei Jüngeren intensiv genutzt werden. Mit den neuesten Entwicklungen wie AI Overviews und AI Mode macht die Google Suche generative KI für noch mehr Menschen zugänglich. Generative KI und Google Gemini sind jetzt schon auf einem sehr guten Weg, für die breite Masse der User großen Nutzen zu bringen.
Maimuna Mosser, Country Director von Google Austria
Google Gemini folgt mit 34 % Bekanntheit auf Platz 3, danach Microsoft Copilot (24 %), der Übersetzungsdienst DeepL (19 %) und der chinesische Chatbot DeepSeek (18 %). Etwas abgeschlagen sind die Bildgenerierungstools DALL·E und Leonardo mit je 6 %.
Lebensberatung der Gen Z
Der häufigste Einsatzzweck von Künstlicher Intelligenz unter allen österreichischen Nutzer:innen ist die Erstellung, Übersetzung oder Überarbeitung von Texten. 51 % der Nutzer:innen geben dies als einen ihrer drei häufigsten Einsatzbereiche an. 44 % geben an, dass konkrete Fragen zu Kultur, Finanzen, Recht, Energie, Naturwissenschaften oder Politik zu ihren hauptsächlichen Einsatzzwecken zählen. Jede:r Dritte (29 %) lässt sich von ihr auch häufig inspirieren – z. B. bei Freizeitgestaltung, Ausflügen, Urlaubsplanung oder Rezeptideen.
Rund ein Fünftel nutzt Künstliche Intelligenz häufig zur Problemlösung, für unterhaltsame Inhalte oder Lifestyle-Fragen. Als ein wachsendes Anwendungsfeld bei der Gen Z (17 %) zählen auch KI-basierte psychologische Beratungen zu ihren häufigsten Nutzungsgründen. Diese wird etwa bei Beziehungsfragen, Erziehung oder im Rahmen von Selbst-Coaching herangezogen.
Knapp die Hälfte der Bevölkerung (47 %) erwartet, dass Künstliche Intelligenz das eigene Leben in den nächsten fünf Jahren stark beeinflussen wird. 45 % rechnen mit einer positiven Entwicklung, 30 % sind unsicher und 25 % sehen die Zukunft mit dieser eher negativ.
Unternehmen sammeln erste positive Erfahrungen
Künstliche Intelligenz ist auch in den österreichischen Betrieben angekommen: Zwei Drittel aller befragten Unternehmen nutzen bereits KI. 49 % nutzen Tools zur Texterstellung, 41 % für Übersetzungen, 37 % als intelligente Suchmaschine. Besonders verbreitet sind ChatGPT (53 %), Microsoft Copilot (36 %), DeepL (27 %) und Google Gemini (19 %). Die meisten heimischen Betriebe setzen auf bestehende Tools – ein Viertel entwickelt eigene Lösungen.
Die Integration von KI-Werkzeugen basierend auf Google Gemini wie AI Overviews und AI Mode ist ein Wendepunkt für viele Unternehmen. Generative KI ermöglicht nicht nur eine schnellere und effizientere Aufgabenerledigung, sondern auch die Schaffung völlig neuer Inhalte (Text, Code, Bilder, Sound). Das führt direkt zu den wichtigsten Verbesserungspotenzialen, die österreichische Unternehmen anstreben: Effizienzsteigerung und Kostenreduktion.
Maimuna Mosser
Das Engagement zahlt sich aus und entsprechend hoch zeigt sich die Investitionsbereitschaft. Über die Hälfte aller befragten Unternehmen plant in den nächsten zwei Jahren Investitionen in Künstliche Intelligenz. 38 % wollen ihre bestehenden Investitionen moderat bis deutlich ausbauen. 12 % erstmals investieren, insbesondere im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
Ein Drittel der heimischen Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen berichtet, dass der Einsatz von KI bereits zu spürbaren Effizienzsteigerungen geführt hat. 22 % verzeichnen Kostenreduktionen, 19 % eine höhere Kundenzufriedenheit und immerhin 15 % bereits eine messbare Umsatzsteigerung.
Rainer Will
Als personaltechnische Folge sehen die meisten nur Aufgabenverschiebungen innerhalb des Unternehmens (29 %). 17 % erwarten sich Personalreduktionen und immerhin 4 % rechnen mit Personalerhöhungen, etwa durch KI-getriebene Entwicklung neuer Produkte oder Services.
Know-how & Strategie fehlt
Nur 32 % der befragten Unternehmen schätzen ihr internes KI-Know-how als (sehr) gut ein. „Starke 68 % der österreichischen Unternehmen haben zumindest erste Schritte zur KI-Implementierung gesetzt, ein Fünftel befindet sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium“, so Will.
Der Wille ist da, aber oft fehlt es den Unternehmen noch an Ressourcen. Daher müssen wir den KI-Zugang vor allem für kleine und mittlere Unternehmen aktiv gestalten, mit flächendeckenden Schulungen, Leitfäden und Best Practices.
Rainer Will
Zwei Drittel (67 %) erwarten sich Produktivitätszuwächse, jedes vierte Unternehmen sogar hohe bis sehr hohe Effekte. Rund jedes fünfte Großunternehmen hat diese Technologie bereits strategisch verankert– jedoch sehen fast ebenso viele Unternehmen in dieser keinerlei strategische Relevanz für ihr Unternehmen.
32 % der österreichischen Unternehmen setzen derzeit keine KI ein, 22 % planen dies auch künftig nicht. Diese Zahlen sind besorgniserregend und unterstreichen den Handlungsbedarf. Nur wer das neue Werkzeug nutzt, wird langfristig bestehen.
Rainer Will
„KI ist nicht mehr Zukunft, sondern Gegenwart – und wer sie sinnvoll einsetzt, verschafft sich echte Wettbewerbsvorteile“, betont Maimuna Mosser, Country Director Google Austria.
Unsere gemeinsame Studie zeigt eine klare Aufbruchsstimmung. Jetzt gilt es, die Lücke beim Wissen und bei der Umsetzung zu schließen – gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, Politik und Bildung.
Maimuna Mosser
EU AI Act
Der Handelsverband bietet KI-Grundlagenschulungen an, damit Unternehmen ihrer im EU AI Act verankerten Schulungsverpflichtung unkompliziert und effizient nachkommen. Weitere praxisnahe Weiterbildungsformate und Umsetzungshilfen werden entwickelt, um Österreichs Händler fit für das KI-Zeitalter zu machen.
Die hohe Nutzungsrate von KI-Diensten – insbesondere bei jungen Zielgruppen – zeigt, dass KI inzwischen fest im Alltag verankert ist. Doch die Diskrepanz zwischen Potenzial und unternehmensinternem Know-how macht deutlich, wo Unternehmen jetzt investieren müssen.
Rainer Will