Im Juni (KW 22-26) wurde sichtbar, dass die vermehrte Eigenproduktion durch Photovoltaik-Anlagen die Netze vor neue Herausforderungen stellt. Da besonders in den Sommermonaten viele Haushalte bzw. Gewerbebetriebe den eigenen Stromverbrauch mit einer Photovoltaik-Anlage decken, wird die Prognose für den Strombezug aus dem öffentlichen Netz zunehmend erschwert. Das führt dazu, dass die ursprüngliche Stromverbrauchsspitze zu Mittag zunehmend abflacht und sich dadurch die gewohnte Verbrauchscharakteristik verändert.
Bilanziell sichtbar wird das durch einen geringeren Bezug aus dem öffentlichen Stromnetz. In den Kalenderwochen 22 bis 26 wurden 4.931 GWh (Gigawattstunden) Strom bezogen. Im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021 wurden im gleichen Zeitraum 5.537 GWh bezogen. Im Vergleich ergibt das einen Rückgang bei der Abgabe aus dem öffentlichen Netz um 11 Prozent.
Rascher Netzausbau dringend notwendig
Eine weitere Herausforderung sind die fehlende Netzkapazitäten, um regional überschüssig produzierten Strom aus erneuerbaren Energien vollständig österreichweit zu verteilen bzw. zu den Pumpspeicherkraftwerken in Westösterreich zu transportieren. „Um die versorgungsichere Energiewende zu ermöglichen, müssen die Netze dringend ausgebaut werden“, betont Christiner. Und: „Zusätzlich zu den Pumpspeicherkraftwerken müssen auch andere Speicherkapazitäten rascher ausgebaut werden, um den überschüssigen Strom dort zwischenspeichern zu können.“
Stromsparen hat weiterhin Priorität
Laut Thomas Karall, kaufmännischer Vorstand der APG, ist es grundsätzlich wichtig verantwortungsvoll beim Stromverbrauch zu agieren: „Mit jeder Stromeinsparung werden auch CO2 und gesamtsystemische Kosten reduziert und damit ein wesentlicher Beitrag geleistet, um die Systemsicherheit zu gewährleisten. Der Trend CO2 zu reduzieren, muss weiter vorangetrieben werden. Natürlich zählt auch eigenverbrauchter PV-Strom dazu. Darüber hinaus ist der nachhaltige Ausbau der Stromnetze, der erneuerbaren Produktion, sowie der Speicher das Gebot der Stunde.“
Tipps zum Stromsparen finden Sie auf der Seite APG Stromspartipps oder des Klimaministeriums mission11.at. Mit dem APG Powermonitor ist es der österreichischen Bevölkerung möglich, die effektivsten Stromsparstunden zu sehen und somit einen aktiven Beitrag zur CO2 Reduktion und zur Systemsicherheit zu leisten.
100% Deckung durch Erneuerbare
Im Juni konnte der Stromverbrauch bilanziell wieder zu 100 Prozent durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Insgesamt wurden im Juni 5.431 GWh erneuerbarer Strom in Österreich produziert. Hauptanteil daran hatte die Wasserkraft, die mit 4.514 GWh Strom rund 83 Prozent der Erneuerbaren ausmachte. Ab Mitte Juni ist die Produktionskraft der Erneuerbaren wieder gesunken. In KW 26 konnte der österreichische Strombedarf nur noch zu rund 92 Prozent gedeckt werden.
Trotz guter Produktionskraft der erneuerbaren Energien konnte im Juni weit weniger Strom als im Mai ins Ausland exportiert werden. Da ganz Europa im Juni Stromüberschüsse produzierte, waren die Exporte geringer. Bilanziell konnten dennoch rund 386 GWh ins Ausland exportiert werden.
Keine Energiewende ohne starkes Stromnetz
Da vor allem in den Sommermonaten ein Stromüberschuss produziert werden kann, wird gerade jetzt deutlich, dass es in Österreich dringend mehr Speicher und stärkere Leitungen braucht.
Um die Anforderungen der Zukunft, das Gelingen der Energiewende sowie die Elektrifizierung von Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft zu ermöglichen, investiert APG allein 2023 rund 490 Millionen Euro in die heimische Strominfrastruktur. In den kommenden zehn Jahren werden insgesamt rund 3,5 Milliarden Euro investiert. Neben der Nichtnutzbarkeit von Produktionspotentialen führen die fehlenden Netzkapazitäten zu Engpässen auf den Leitungen und erfordern nahezu täglich den Einsatz von Notfallmaßnahmen, dem so genannten Redispatch. Dabei wird hohen Leitungsbelastungen mittels gezielten Einsatzes von thermischen und hydraulischen Kraftwerken entgegengesteuert.
Die aktuellen Entwicklungen der Strom- und Energiepreise sowie die geopolitischen Entwicklungen in der Ukraine zeigen, wie wichtig eine rasche und sichere Transformation zu einem nachhaltigen Energiesystem ist. Dazu braucht es eine umgehende energiewirtschaftliche Gesamtsystemplanung bzw. -umsetzung, entsprechende Kapazitäten in den Bereichen Netze, Speicher, Produktion und eine umfassende Digitalisierung zur Nutzung der Flexibilitäten aller Akteure des Systems. Dies alles muss umgehend und ohne Zeitverzug erfolgen. Die Beschleunigung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren sind dabei der zentrale Hebel.
Hohe Netzeinspeisung durch Wasserkraft
Über das regionale Stromnetz der APG wird auch der Energieaustausch innerhalb des Landes ermöglicht. Stromüberschüsse der einzelnen Bundesländer können dadurch österreichweit verteilt und Defizite kompensiert werden.
Durch die Wetterlage im Juni und die damit verbundene gute Stromerzeugung aus Wasserkraft konnten die Bundesländer Tirol und Oberösterreich einen hohen Energieüberschuss erzeugen und über das APG-Netz österreichweit zur Verfügung stellen. Tirol konnte damit 337 GWh in das überregionale Netz einspeisen und Oberösterreich 283 GWh. Wien musste mit 345 GWh, neben Vorarlberg (186 GWh) am meisten Strom aus dem Netz beziehen.