Der aktuelle “Konjunkturreport Einzelhandel“ des WIFO im Auftrag des Handelsverbandes zeigt, dass sich die Abkühlung der internationalen und heimischen Konjunktur auch im Einzelhandel widerspiegelt. Vor allem im Non-Food-Bereich war die Umsatzentwicklung schwach. Auch die Stimmungsindikatoren der Einzelhandelsunternehmen haben sich zuletzt verschlechtert.
Die weiterhin hohen Preissteigerungen insbesondere bei den Wohnkosten belasteten den privaten Konsum. Trotz leichter Verbesserung zeigen Vorlaufindikatoren eine eher skeptische Stimmung unter den Konsument:innen.
Die Kernergebnisse des Konjunkturreports Einzelhandel:
- Nachdem die heimische Konjunktur bereits seit der zweiten Jahreshälfte 2022 deutlich an Schwung verloren hat, zeigt sich nun eine weitere Abschwächung. Das BIP ist im II. Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal gesunken. Gemäß der jüngsten WIFO-Prognose dürfte die Konjunktur erst gegen Ende 2023 wieder an Fahrt aufnehmen.
- Im Einzelhandel war der Geschäftsgang im ersten Halbjahr merklich gedämpft. Vor allem im Non-Food-Bereich sowie in den Monaten April und Mai war die Umsatzentwicklung sehr schwach.
- Nachdem die Inflationsrate zu Jahresbeginn noch rund 11 % betrug, ging der Preisauftrieb in der Gesamtwirtschaft bis Juli auf 7,0 % zurück. Damit liegt der Preisanstieg aber weiterhin auf hohem Niveau und über dem Durchschnitt des Euro-Raums.
- Die Stimmung im Einzelhandel hat sich zuletzt wieder verschlechtert. Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen lag bei den Betrieben wieder deutlicher im pessimistischen Bereich (Juni: –10,8 Punkte).
- Die Konsumstimmung hat sich zuletzt zwar abermals leicht verbessert, bleibt aber ebenfalls deutlich im negativen Bereich.
- Im laufenden Jahr werden nur geringe Wachstumsimpulse vom privaten Konsum ausgehen (+0,9 %). Doch für 2024 wird wieder eine höhere Konsumnachfrage erwartetet (+1,8 %).
- Die Zahl an offenen Stellen im Einzelhandel ist wieder gestiegen. Aktuell können 14.700 offene Stellen nicht zeitnah besetzt werden (1. Quartal: 13.800).
Einzelhandelsumsätze im ersten Halbjahr real rückläufig
Der reale private Konsum ist bereits seit Jahresbeginn rückläufig. Die Nachfrage blieb laut WIFO in allen Monaten des ersten Halbjahres unter dem Vorjahresniveau und verschlechterte sich zu Beginn des zweiten Halbjahres (erste Julihälfte) nochmals. Gleiches gilt für die Umsatzentwicklung im Handel. Nominell konnte der Einzelhandel seine Umsätze zwar durchweg steigern, real (inflationsbereinigt) hat die Branche aber seit dem September des Vorjahres in keinem einzigen Monat mehr ein Wachstum erzielt.
Besonders stark gespart wird dabei im Elektro- und im Möbelhandel. Auch der Versand- und Internethandel verliert – wie bereits im Vorjahr – weiter an Umsatz. Alle letztgenannten Branchen mussten in den ersten vier Monaten des Jahres sowohl nominelle als auch reale Umsatzrückgänge hinnehmen. (Für Mai und Juni liegen noch keine nach Branchen aufgeschlüsselten Daten vor.)
Handel agiert weiterhin inflationsdämpfend
Es gibt aber auch Grund für vorsichtigen Optimismus: „Der Tiefpunkt im Konsument:innenvertrauen wurde schon im September 2022 erreicht, seither steigt die Konsumstimmung wieder schrittweise. Vor allem die Erwartung an die allgemeine wirtschaftliche Lage in den kommenden 12 Monaten hat sich deutlich verbessert“, berichtet Studienautor Jürgen Bierbaumer, Senior Economist des WIFO.
Inflation verlangsamt sich
Nachdem die Inflationsrate zu Jahresbeginn noch bei über 11 % lag, ist der Höhepunkt der Teuerung aus heutiger Sicht klar überschritten. Für Juni weist die Statistik Austria eine Preissteigerung von 8,0 % aus. Auch Lebensmittel haben sich zuletzt weniger stark verteuert als in den Monaten davor. Die Haupttreiber der Inflation bleiben die Bereiche Wohnen (inkl. Wasser und Energie) mit +14,1 % sowie Restaurants und Hotels mit +12,9 %. Im Juli lag die Inflation laut heutiger Schnellschätzung bei 7,0 %.
Auch der Ausblick stimmt optimistisch: Durch kräftig steigende Reallöhne sollte sich das reale Wachstum der privaten Konsumausgaben im kommenden Jahr auf +1,8 % verdoppeln. Vor allem im Bereich der dauerhaften Konsumgüter dürfte das Wachstum mit +2,0 % wieder kräftiger ausfallen.
Laut dem Retail Restrictiveness Indicator der EU-Kommission ist der Handel in Österreich im europäischen Vergleich am zweitstärksten reguliert. Nur in Frankreich ist die Überregulierung noch schlimmer ausgeprägt. “Der Reformstau, die Abgabenbelastung und der Bürokratiedschungel gefährden die Wettbewerbsfähigkeit und mittlerweile auch die Überlebensfähigkeit unserer Branche, es besteht dringender Handlungsbedarf“, appelliert Will an die Bundesregierung.