Die Europäische Kommission hat am 31. Oktober ein förmliches Verfahren gegen die chinesische QuickCommerce-Plattform Temu eröffnet. Brüssel wirft dem Unternehmen vor, gegen das EU-Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act) zu verstoßen. Dabei geht es insbesondere um den Verkauf gefälschter und potenziell gefährlicher Produkte auf der Plattform – etwa Kinderspielzeug, Kleidung und Elektrogeräte.
Der Beschluss folgt auf eine vorläufige Analyse des von Temu Ende September 2024 vorgelegten Risikobewertungsberichts, der Antworten auf förmliche Auskunftsersuchen der Kommission vom 28. Juni 2024 und 11. Oktober 2024 sowie der von Dritten übermittelten Informationen beinhaltet. Auch der Handelsverband hatte in einem Schreiben an EU Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager sowie in einem gemeinsamen Aufruf der Dachorganisation Ecommerce Europe auf die Fernost-Problematik hingewiesen und neben einer Sachverhaltsdarstellung auch einen 8-Punkte-Aktionsplan mehr Fair Play im Onlinehandel eingefordert.
Temu unterliegt seit Ende September Digital Services Act
Das EU-Gesetz für digitale Dienste legt großen Online-Plattformen wie Amazon oder Shein besondere Sorgfaltspflichten auf. Auch Temu wurde heuer von der EU-Kommission als sehr große Online-Plattform eingestuft (very large online plattform; VLOP), da die Plattform mehr als 45 Millionen Nutzer in der EU verzeichnet. Seit Ende September müssen die entsprechenden Vorschriften eingehalten werden. Bei nachgewiesenen Verstößen kann die EU-Kommission ein Bußgeld von bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes verhängen.
Konkret wird sich die Untersuchung der EU-Kommission jetzt auf folgende Bereiche konzentrieren:
- Systeme, über die Temu verfügt, um den Verkauf nicht konformer Produkte in der Europäischen Union einzuschränken. Hier geht es insb. um die Bekämpfung von Produktpiraterie und um fehlende Sicherheitskennzeichnungen.
- Risiken im Zusammenhang mit der suchterzeugenden Gestaltung des Dienstes, einschließlich spielähnlicher Belohnungsprogramme, welche Temu gezielt nutzt, um den Verkauf anzukurbeln. Diese mutmaßlich gesetzeswidrigen Praktiken bilden auch die Grundlage für die UWG-Beschwerde des Österreichischen Handelsverbandes gegen Temu bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Die Ermittlungen auf nationaler Ebene laufen derzeit.
- Einhaltung der DSA-Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Art und Weise, wie Temu den Usern Inhalte und Produkte empfiehlt.
42 % der österreichischen Bevölkerung haben bereits bei Temu gekauft
Die QuickCommerce-Plattform hat – auch durch mutmaßlich unlautere Mittel – in Österreich einen Blitzstart hingelegt: Obwohl die Shopping-App erst seit April 2023 in unserem Land verfügbar ist, kennen laut HV Consumer Check vom Juni diesen Jahres bereits 83 % der Österreicher den Anbieter, 42 % der Bevölkerung haben bereits bei Temu gekauft.
Als bundesweite Interessenvertretung des österreichischen Handels wird der Handelsverband weiterhin eng mit den EU-Institutionen und nationalen Behörden zusammenarbeiten, um die Interessen des heimischen Handels auf europäischer Ebene zu stärken und ein Level Playing Field im Onlinehandel zu erreichen.