100 Jahre IFA: Von der „Großen Deutschen Funkausstellung“ zur weltweit größten und bedeutendsten Messe für Consumer Electronics- und Home Appliances. Der dritte Teil der IFA Historie beschäftigt sich mit den 1950er Jahren und den Erfolgszug des Fernsehers als Empfangsgerät.
Die IFA feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. Im Dezember 1924 fand die IFA als „Große Deutsche Funk-Ausstellung“ in Berlin erstmals statt. Seit dieser Zeit steht die IFA für Innovation, Technologie und Unterhaltung. Anlässlich dieses Jubiläums lässt die Branchenorganisation gfu Consumer & Home Electronics GmbH, Inhaberin der Markenrechte der IFA, 100 Jahre technische Entwicklung der Consumer Electronics- und Hausgeräte-Branche Revue passieren. Folge drei widmet sich den Jahren 1950 bis 1959. Der erste Teil der folgenden Abschnitte handelt von der eigentlichen Funkausstellung im jeweiligen Jahr, der zweite Teil berichtet über die Branche allgemein.
1950: Neustart der Funkausstellung
Die 17. „Deutsche Funkausstellung Düsseldorf“ war die erste Ausgabe der Messe nach dem Zweiten Weltkrieg. Vom 18. bis 27. August zeigten 234 Aussteller ihre Neuheiten. Die Veranstalter hatten sich aufgrund der politischen Lage um Berlin mit Düsseldorf für einen Standort im Westen entschieden. Knapp 230.000 Besucher sind für diese Funkausstellung vermerkt. Sie stand im Zeichen der Ultrakurzwelle UKW. Von 13 Herstellern waren mehr als 20 Modelle der sogenannten Tonmöbel, als Tischausführung oder Musikschrank, zum Teil mit Plattenwechslern, zu sehen. Das „Tefifon“ verwendete eine Schallbandkassette mit Spielzeiten bis zu 60 Minuten anstatt einer Schallplatte. Mit dem „Optaphon“ wurde das wahrscheinlich erste Kassetten-Tonbandgerät der Welt vorgestellt.
Am 5. Juni wurde die ARD, Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, gegründet. Das Fernsehtestbild wurde am 12. Juli gestartet. „UNIVAC“ war der erste kommerzielle Großcomputer. Die erste öffentliche Übertagung eines Fernsehprogramms über den Ärmelkanal fand am 27. August statt. In der DDR begann die schrittweise Einführung von UKW.
1951 und 1952 herrscht Funkstille
In diesen Jahren fand keine Funkausstellung statt.
1951 begann die Entwicklung von Videorecordern. CBS zeigte 1951 die erste Farb-TV-Demonstration. Zwischen Hamburg und Köln wurde 1951 die erste Richtfunkstrecke für Fernsehübertragung aufgebaut. In Autoradios gab es erstmals Stationstasten. Die erste vollautomatische Waschmaschine wurde am 3. Juli der Öffentlichkeit vorgestellt. Sie wog 600 Kilo, verbrauchte pro Waschgang 225 Liter Wasser und kostete stolze 2.280 Mark. Auf der „Deutschen Industrie-Ausstellung“ von 6. bis 21. Oktober in Berlin gab es eine Fernsehstraße zu bewundern mit 100 Metern Länge und 36 Geräten. 17 Firmen waren daran beteiligt.
1952 gab es zehn Millionen Rundfunkteilnehmer in der Bundesrepublik. Am 25. Dezember startete in der Bundesrepublik die Fernsehübertragung und am 26. Dezember 1952 wurde die erste Tagesschau gesendet. In der DDR startete das Fernsehen am 21. Dezember von Ostberlin aus. Rund 4.000 Fernsehgeräte wurden in diesem Jahr verkauft, Preis ca. 1.000 DM. Erste Autoradios mit UKW kamen auf den Markt. Das erste Tonbandgerät für unter 1.000 DM kam auf den Markt. „Musikus“ hieß ein Gerät, das aus einem Plattenspieler als Aufsatz ein Tonbandgerät machte. Eine erste Armbanduhr hatte anstatt eines Federwerks eine Minibatterie als Energiespeicher (mit angeblich genügend Energie für ein Jahr).
1953: Beginn des Zwei-Jahresrhythmus
Erneut in Düsseldorf fand die 18. „Große Deutsche Rundfunk- Phono- und Fernseh-Ausstellung“ vom 29. August bis 6. September statt. Sie zog 307.000 Besucher an. 248 Aussteller sind verzeichnet. Ursprünglich sollte die Funkausstellung alle zwei Jahre stattfinden – also wäre eigentlich 1952 geplant gewesen, aber die Verzögerung des Fernsehstarts hatte die Verschiebung auf 1953 zur Folge. Der Zwei-Jahresrhythmus wurde von nun an eingehalten. 29 Firmen stellten 152 Rundfunk-Heimempfänger vor. Die neue Empfängergeneration zeigte „konstruktive und schaltungstechnische Verfeinerungen“. 90 Prozent aller Empfänger hatten Drucktasten zur Senderwahl. Bei den Musiktruhen waren nun auch Tonbandgeräte eingebaut.
Als „besondere Attraktion“ wurde die „Fernsehstraße“ beschrieben. 24 Gerätehersteller führten 68 verschiedene Fernsehgeräte vor. Im Vordergrund standen sogenannte Tischgeräte mit 36 cm (14 Zoll) Bildgröße, die preislich bei 1.000 DM angesiedelt waren. TV-Standgeräte hatten ein 43 cm (17 Zoll) großes Bild. Luxuriös waren Fernseh-Kombinationstruhen mit Rundfunkchassis, Tonbandgerät und Plattenspieler zum Preis von mehr als 3.000 DM. Preislicher Spitzenreiter war ein Luxusschrank mit 68 cm (27 Zoll) Bildröhre für stolze 6.200 DM. Die Schallplatten-Single kam auf den Markt.
Japan startete als erstes asiatischen Land am 1. Februar einen regelmäßigen Fernsehprogrammdienst. Die ARD-Anstalten beschlossen am 27. März ein gemeinsames Fernsehprogramm, das „Deutsche Fernsehen“. Am 1. April 1953 wurden 1.525 angemeldete Fernsehgeräte registriert. Die Zahl der Radiohörer lag Anfang 1953 bei 11,5 Millionen. Die Deutsche Welle begann am 3. Mai mit ihren regelmäßigen Sendungen nach Übersee.
Das sogenannte Schrägspuraufzeichnungsverfahren wurde patentiert. Es ist die Grundlage der magnetischen Aufzeichnung von Videobildern. Der automatische Sendersuchlauf bei Autoradios hatte Weltpremiere und Ende des Jahres hatten 40 Prozent der Autos ein Autoradio. Eine weitere Neuerung für den Empfang im Auto war die automatisch ausfahrende, motorische Teleskopantenne. Die Krönung von Königin Elizabeth II am 2. Juni war das erste Großereignis, das international live im Fernsehen übertragen wurde. Der erste Einbau-Kühlschrank der Welt kam auf den Markt.
1954: Gründung der „Eurovision“
Auch in diesem Jahr fand keine Funkausstellung statt.
Erste TV-Geräte mit Kabelfernbedienungen erschienen. Die Fußball-Weltmeisterschaft war ein weiteres Großereignis für die Fernsehübertragung. Der Sender „Freies Berlin“ startete am 1. Juni als siebter Sender der ARD. Am 6. Juni wurde die „Eurovision“ zum europäischen Fernsehaustausch gegründet und verband 45 Fernsehsender in England, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark, der Schweiz und Italien. Der erste „Schwarzseher“, der sein Fernsehgerät nicht anmelden wollte, wurde mit einer Geldbuße von 150 DM bestraft. In den USA wurde das Farbfernsehen auf Basis des NTSC-Verfahrens eingeführt. Am 3. Oktober starteten die ersten Nachrichten der Deutschen Welle in Fremdsprachen. Der NDR startete versuchsweise ein drittes Programm und die ersten Musikboxen wurden produziert.
1955: Raumklang mit „SK 1“
Vom 26. August bis 4. September fand die 19. „Große Deutsche Rundfunk- Fernseh- und Phono-Ausstellung“ noch einmal in Düsseldorf statt. 238 Aussteller präsentierten ihre Produkte für 450.000 Besucher. Die gezeigten Rundfunk-Tischempfänger hatten ihr Erscheinungsbild kaum verändert, dunkle Holzgehäuse mit großen Skalen, Drucktasten und Goldverzierungen. Beim Design gab es dennoch mit dem „SK 1“, einem handlichen Kleinradio, der Firma Braun eine Überraschung, die das Radio-Design gravierend verändern sollte. Auf technischer Seite war der sogenannte 3D-Raumklang mit in den Seitenwänden platzierten Lautsprechern neu.
Zudem gab es Radios mit einer Kabel-Fernbedienung. Bei Spitzenmodellen erfolgte die Senderabstimmung motorisch getrieben. Auch das Angebot der sogenannten Kofferempfänger hat sich vergrößert, teilweise waren auch Plattenspieler eingebaut. 17 Hersteller zeigten 187 verschiedene Fernsehgeräte-Typen. Die Standardgröße war nun die 43 cm Bildröhre. Teurere Modelle hatten ein 53 cm Bild und einige Fernsehtruhen hatten 62 und 72 cm Bildröhren. Zudem wurden erste Heimprojektionsgeräte gezeigt, die Bilder bis zu 135 x 100 cm ermöglichten. Die Deutsche Bundespost führte ein „Schwarzseher-Spürgerät“ vor.
Die Zahl der Fernsehteilnehmer betrug im August in Deutschland rund 177.000, 200.000 am Jahresende. Mit 30 Fernsehsendern zum Jahresende konnten 80 Prozent der Bevölkerung Deutschlands versorgt werden. Am 21. Dezember begann im Ostberliner Fernsehzentrum Adlershof der „Deutsche Fernsehfunk“ mit seinem Programm. 80 Fernsehsender Westeuropas erreichten bereits 150 Millionen Menschen. Der erste Transistor-Rechner wurde vorgestellt. Flash-Matic hieß die erste drahtlose Fernbedienung für Fernseher.
1956: Produktionswert auf Höhenflug
In diesem Jahr gab es keine Funkausstellung.
Die Produktion von Rundfunk- und Fernsehgeräten hatte in Deutschland den Wert von einer Milliarde DM überschritten. Im April wurde der erste Videorecorder vorgestellt. Die Festplatte und die Leuchtdiode wurden erfunden. Der erste deutsche Transistor-Reiseempfänger kam auf den Markt. Das Jahr gilt als Jahr der Vollbeschäftigung in Deutschland und großen Anteil daran hatte die Elektronik als Wachstumsindustrie. Am 26. September wurde das erste interkontinentale Untersee-Telefonkabel Nordamerika-Europa in Betrieb genommen. Der erste Fernsehwerbespot wurde im November gesendet. Bei den Diktiergeräten gab es erste Modelle mit Kassette anstatt offenen Bandspulen.
1957 startet der „HiFi“-Trend
Die Zahl der Aussteller bei der 20. „Großen Deutschen Rundfunk- Fernseh- und Phono-Ausstellung“ betrug 222. Sie fand vom 2. bis 11. August erstmals in Frankfurt am Main statt und hatte 493.000 Besucher. Von 200 Herstellern wurden 500 verschiedene Produkte präsentiert. Bei den Rundfunkempfängern stand die Klangverbesserung im Vordergrund. Die Hörer:innen konnten mit Klangreglern ein individuelles Klangbild einstellen. Der Begriff „High Fidelity“, kurz „HiFi“, galt von da an als Fachausdruck und Normbegriff für die wirklichkeitsgetreue Tonwiedergabe. Bei tragbaren Rundfunk-Empfängern gab es erstmals „volltransistorisierte“ Geräte.
Die gedruckte Schaltungstechnik setzte sich mehr und mehr durch. Sie erlaubte die Fließbandfertigung und war weniger fehleranfällig in der Produktion im Vergleich zu den von Hand verdrahteten Geräten. Auch die Schallplattenspieler standen im Zeichen von HiFi mit neuen Magnetsystemen und Diamanttonabnehmern. Rund 160 verschiedene Fernsehgeräte wurden ausgestellt, überwiegend mit 43 und 53 cm Bildröhre. Mit zusätzlichen Tasten konnten „Klarzeichner“, „Scharfzeichner“ oder „Telelupe“ zur Veränderung des Bildcharakters eingeschaltet werden. Erstmalig gab es auch eine einstellbare Beleuchtung an der Rückwand des TVs zur Hintergrundbeleuchtung des Wohnzimmers. Erste Hersteller boten einen UHF-Konverter für den angekündigten Empfang des zweiten Programms an.
Das Fernsehen begann, sich zum Massenmedium zu entwickeln. Der erste tragbare Fernseher wurde vorgestellt und die Zahl der Fernsehteilnehmer in der BRD überschritt die Millionengrenze. Es gab eine Fernsehsonderbriefmarke. „Sputnik“, der erste Satellit, wurde am 4. Oktober gestartet.
1958: Erste Digitalanzeige
In diesem Jahr fand keine Funkausstellung statt.
Erste Versuche mit Stereorundfunk starteten. Der erste Farbvideorekorder wurde vorgestellt und die Stereo-Schallplatte kam auf den Markt, ebenso wie das erste Stereo-Tonbandgerät. Die ARD fasste im Juni den Beschluss, Vorbereitungen für ein zweites Fernsehprogramm zu treffen. Ein herausnehmbares Autoradio konnte mit Batterie betrieben auch außerhalb benutzt werden. Der erste Plattenspieler für Autos kam auf den Markt. Fernsehgeräte erhielten Bildschirmanzeigen für die richtige Abstimmung. Zudem kam das erste drahtlose Mikrofon auf den Markt und als frühes Digitalanzeige-Bauelement kam die „Nixie-Röhre“. Die erste integrierte Schaltung wurde erfunden. Am 4. Oktober starteten die USA mit „Explorer 1“ ihren ersten Satelliten. Der erste Waschautomat revolutionierte die Hausarbeit.
1959: TV als Konsumgutkönig
Auch in diesem Jahr fand die „Deutsche Rundfunk, Fernseh- und Phono-Ausstellung“, die nunmehr 21., in Frankfurt am Main statt. 202 Austeller zogen 532.000 Besucher an. Interessante Neuerungen waren die Phono-Stereowiedergabe, die Transistortechnik in UKW-Empfängern und die 110° Ablenkung bei den Bildröhren. Radio-Tischempfänger konnten nun Stereo-Schallplatten wiedergeben, da sie einen Zweikanal-Verstärker integriert hatten. Die meisten Plattenspieler, Tonbandgeräte und Musikschränke waren stereotauglich. Bemerkenswert war zudem die erste dreiteilige Stereoanlage in flacherer Bausteintechnik bestehend aus Empfangsteil, Phonosystem und Stereo-Verstärker.
Von 22 Herstellern wurden insgesamt 207 Fernsehempfänger und -Kombinationstruhen gezeigt. Die Bildgröße war schwerpunktmäßig bei 53 cm festgelegt und Fernseher mit kabellosen Ultraschall-Fernbedienungen kamen auf den Markt. Erste Videorekorder mit Schrägspuraufzeichnung wurden vorgestellt. In drei Fernsehstudios der Messe gab es täglich ein produziertes Ausstellungsprogramm, das zum großen Teil über alle Fernsehsender der Bundesrepublik ausgestrahlt wurde. Darunter Berichte über die Neuheiten der Ausstellung, Familien- und Kinderprogramme sowie Unterhaltungssendungen. „Mit Recht kann man behaupten, dass das Fernsehgerät zum Konsumgut Nummer 1 geworden ist“, hieß es im Ausstellungskatalog.
Nun gab es auch batteriebetriebene Tonbandgeräte. Das Sandmännchen startet im Fernsehen und am 18. Juni erfolgte die erste Fernsehübertragung von London nach Montreal über Transatlantikkabel.
Hier geht es zu Teil 1 der IFA-Historie (1924 – 1933)
Hier geht es zu Teil 4 der IFA-Historie (1960 – 1969)
Hier geht es zu Teil 5 der IFA-Historie (1970 – 1979)
Hier geht es zu Teil 6 der IFA-Historie (1980 – 1989)
Hier geht es zu Teil 7 der IFA-Historie (1990 – 1999)
Hier geht es zu Teil 8 der IFA-Historie (2000 – 2009)
Hier geht es zu Teil 9 der IFA-Historie (2010 – 2019)
Hier geht es zu Teil 10 der IFA-Historie (2020-2024)