Energiegemeinschaften werden künftig ein wesentlicher Bestandteil unseres Energiesystems sein. Der OVE hat das Thema von allen Seiten intensiv beleuchtet und liefert einen ersten grundlegenden Überblick über die Planung, Gründung bzw. die Funktionsweise von Energiegemeinschaften.
Die Vorteile von Energiegemeinschaften (EEG) liegen jedenfalls auf der Hand: aktive Teilnahme an der Energiewende, mehr Unabhängigkeit beim Energiebezug und finanzieller Nutzen, um nur einige zu nennen. Wer an einer EEG teilnimmt, kann Strom nicht nur konsumieren, sondern diesen auch selbst für den Eigenbedarf produzieren und speichern sowie Überschüsse verkaufen. Bereits heute kann sich laut aktueller Studie von Deloitte jeder zweite Befragte eine Teilnahme an einer Energiegemeinschaft vorstellen.
Wie funktionieren Energiegemeinschaften?
Eine Energiegemeinschaft ist ein Zusammenschluss von Personen, Kommunen oder Organisationen, um gemeinsam Energie zu produzieren, zu verbrauchen und zu verkaufen. Wer also Strom selbst erzeugt – zum Beispiel mit einer Photovoltaik-Anlage oder einer Kleinwindenergie-Anlage – kann überschüssige Energie mit anderen Verbrauchern teilen. Und wer selbst nicht in der Lage ist, eine eigene Erzeugungsanlage zu betreiben, kann im Rahmen einer EEG dennoch aktiv an der Energiewende teilnehmen und regionalen Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu einem attraktiven Preis beziehen.
Durch die stark gestiegenen Energiepreise ist das Interesse an derartigen gemeinschaftlichen Energieprojekten deutlich gestiegen. Das schlägt sich auch in der zuletzt stark wachsenden Anzahl an Projekten nieder: In Österreich sind bereits mehr als 200 Projekte in Betrieb. Weitere 100 befinden sich in Gründung. Österreich nimmt damit eine Vorreiterrolle im europäischen Raum ein.
Was sind die Voraussetzungen für die Gründung einer EEG?
Energiegemeinschaften müssen aus mindestens zwei Teilnehmer:innen bestehen und eine Erzeugungsanlage beinhalten. Bei der Errichtung von Erzeugungsanlagen müssen die Vorgaben des jeweiligen Bundeslandes und die technischen Richtlinien des jeweiligen Verteilernetzbetreibers eingehalten werden. Die Abnahme der Erzeugungsanlage muss von einem konzessionierten Unternehmen durchgeführt werden.
Jeder Netzzugang innerhalb einer EEG benötigt einen Smart-Meter. Die kostenlose Bereitstellung des Smart-Meters liegt in der Verantwortung des jeweiligen Netzbetreibers. Der Smart-Meter ist darüber hinaus auch sinnvoll, um Abrechnungsdaten zwischen Teilnehmer:innen innerhalb der Energiegemeinschaft auszutauschen.
EEG können weitaus größer ausfallen als die Minimalanforderung von zwei Beteiligten. So kann es vorteilhaft sein, einen Energiespeicher für die Gemeinschaft anzuschaffen, um auf diese Weise Energie zwischenzuspeichern und dann zu verwenden, wenn sie gebraucht wird. Um Verbrauch, Erzeugung und ggf. Speicher optimal aufeinander abzustimmen, kommen optional IKT-Systeme zum Einsatz. Die verbauten Komponenten kommunizieren über Datenschnittstellen miteinander. Die Implementierung dieser IKT-Systeme bieten professionelle Anbieter an.
Welche Formen von Energiegemeinschaften gibt es?
5 Gründe, Teil einer EEG zu werden
- Unabhängigkeit von Strom- und Gaspreisverwerfungen
- Verbrauch von Energie aus rein erneuerbaren Quellen
- Partnerschaftliche Beziehung zu den anderen, lokal ansässigen Teilnehmer:innen der EEG
- Aktive Teilnahme an der Energiewende
- Mittel- bis langfristig: Entlastung der Netze durch Produktion von lokalem Strom, der nicht über lange Leitungen transportiert wird
Finanzielle Anreize für EEG
Neben den nachhaltigen und klimafreundlichen Aspekten von Energiegemeinschaften sind auch finanzielle Anreize essentiell, um dem Modell zum Durchbruch zu verhelfen. Anlässlich der angespannten Situation am Energiemarkt sind auch die Marktvorteile für die Teilnehmer:innen neu zu bewerten. Ein reduziertes Netznutzungsentgelt, von dem die an einer Energiegemeinschaft Beteiligten profitieren, reicht als Vorteil nicht mehr aus.
Der OVE unterstreicht den Handlungsbedarf in diesem Zusammenhang und setzt sich aktiv für die finanzielle Förderung von EEG ein. Gemeinsam mit seinen Netzwerkpartner:innen hat der OVE einen konkreten Fördervorschlag erarbeitet und an die politischen Entscheidungsträger:innen weitergeleitet. Hier können Sie Einblick in den OVE-Fördervorschlag nehmen. Für eine erste Abschätzung der Wirtschaftlichkeit einer EEG finden Sie ein Berechnungstool bei der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften.
Umgesetzte Projekte aus Österreich
EEG „Beratungszentrum am Schwaighof“ (St. Pölten)
5 Mitglieder teilen sich im Rahmen der Energiegemeinschaft die Energie einer 60 kWp Photovoltaik-Anlage. Produziert wird die Energie in Solarpaneelen auf dem Dach und der Fassade des Beratungszentrums. Die produzierte Energie reicht aus, um auch naheliegende Unternehmen im Umkreis mit Sonnen-Strom zu versorgen. Die Sparkasse war hier Vorreiter und bestätigt, dass das Projekt bei den derzeitigen Energiepreisen ein Selbstläufer sei.
EEG „Kapelln“
Bereits seit 2017 nimmt Kapelln am e5-Programm für energieeffiziente Gemeinden teil und zählt zu den ersten Pilotgemeinden bei der Umsetzung einer Energiegemeinschaft. Dies wurde durch eine große Anzahl an PV-Anlagen sowie dem großen Engagement der Bevölkerung ermöglicht. Initiiert wurde das Projekt von der Marktgemeinde Kapelln, die auch ihre eigene PV-Anlage in die Energiegemeinschaft eingebracht hat. Momentan tauschen rund 50 Bürger:innen Energie von Photovoltaik-Anlagen im Rahmen der Erneuerbaren Energiegemeinschaft Kapelln aus – Tendenz steigend.
EEG „Region Melk“
60 Bürger:innen aus mehreren Gemeinden nehmen an der EEG Region Melk teil: Über das Umspannwerk Loosdorf wird Energie von privaten Photovoltaik-Anlagen sowie der Stadt verteilt. Um auch Bürger:innen an anderen Umspannwerken beteiligen zu können, wurde ein Zweigverein am Umspannwerk Erlauf ins Leben gerufen. Auch die Einbindung von Biomasse und Windenergie sind in naher Zukunft geplant. Mit ihrem Start im Mai 2022 war die EEG „Region Melk“ eine der ersten Österreichs.
Noch mehr Energiegemeinschaften-Beispiele finden Sie auf der Website der Energie Zukunft Niederösterreich.
Ausbildung zum/zur Manager:in von Energiegemeinschaften
Um dem großen Interesse an Energiegemeinschaften gerecht zu werden, bietet die OVE Academy übrigens seit Anfang 2023 einen Zertifikatslehrgang „Manager:in von Energiegemeinschaften“ an. Im Rahmen der Ausbildung werden rechtliche, technische und administrative Aspekte berücksichtigt, die beim Gründen und Betreiben einer Energiegemeinschaft zu beachten sind.
Hier können Sie sich darüber informieren bzw. gegebenenfalls auch gleich anmelden!