Eine neue, branchenübergreifende Allianz von HV, VBÖ, FBI sowie ausgewählten Unternehmen aus Baugewerbe, Baustoffindustrie und -handel rückt mit einer Studie die (wirtschaftlichen) Vorteile von Bau- und Sanierungsinvestitionen in den Vordergrund. Auch die Elektrobranche könnte von einem Umdenken der Regierung profitieren.
Bau- und Sanierungsinvestitionen haben in Österreich eine enorme wirtschaftliche Bedeutung. Die volkswirtschaftliche Analyse zeigt: Für jeden investierten Euro in Sanierung und Bau fließen rund zwei Euro über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge an den Staat zurück.
Laut einer aktuellen Studie von Friedrich Schneider und Martin Reindl (JKU Linz) im Auftrag von Internorm hat der Staat 2023 und 2024 im Rahmen der Sanierungsoffensive insgesamt 776 Mio. Euro an Fördermitteln investiert. Durch daraus resultierende Bauaktivitäten, Beschäftigungseffekte und Steuereinnahmen sind 1,58 Mrd. Euro wieder zurückgeflossen. Nebenbei gab es einen deutlichen Beschäftigungseffekt in der Höhe von 16.888 Personen pro Jahr.
Derartige staatliche Aktivitäten sichern also Arbeitsplätze, stärken die regionale Wirtschaft und stabilisieren das Budget. Dessen ungeachtet sind Ende letzten Jahres sowohl die bundesweite Initiative „Raus aus Öl und Gas“ als auch der „Sanierungsbonus“ eingestellt worden. Dazu kommt bekanntlich die Streichung der USt-Befreiung auf PV-Anlagen.
Ende März wurden darüber hinaus etwa in der Steiermark wesentliche Teile der Sanierungs-, Wohnbau- und Heizungsförderungen mit sofortiger Wirkung gestoppt. Andere Bundesländer sind von ähnlichen Maßnahmen betroffen. Damit sind zentrale Säulen regionaler Wirtschaftspolitik einfach weggebrochen – und wie bei der österreichischen Bundesregierung inzwischen üblich, ohne Vorwarnung, ohne Ersatz, ohne Strategie und ohne öffentlichen Diskurs.
Für die Bauwirtschaft – die ohnedies seit Monaten massiv unter Druck steht – waren dies verheerende Signale. Denn die Realität ist: „Ohne Förderanreize werden hunderte geplante Bau- und Sanierungsprojekte nicht realisiert. Das trifft nicht nur Baufirmen, sondern auch den Baustoffhandel und die gesamte Wertschöpfungskette“, ist Robert Grieshofer, Aufsichtsratsvorsitzender von Hagebau, Geschäftsführer der C. Bergmann KG und Vizepräsident des VBÖ, überzeugt.
Schulterschluss soll breiten Diskurs fördern
Angesichts der Tragweite der aktuellen Herausforderungen haben der Handelsverband (HV), der Verband der Baustoffhändler Österreichs (VBÖ) und der Forschungsverband der österreichischen Baustoffindustrie (FBI) sowie ausgewählte Unternehmen aus dem Baugewerbe, der Baustoffindustrie und dem Baustoffhandel einen bundesweiten, branchenübergreifenden Schulterschluss organisiert.
„Die Bauwirtschaft mit dem Baugewerbe, der Baustoffindustrie und dem Baustoffhandel ist systemrelevant. In einer Phase, in der Konjunkturimpulse dringend gebraucht werden, sind gezielte Investitionen in Sanierung und Neubau unverzichtbar. Maßnahmen für die Bauwirtschaft wirken nicht isoliert – sie stützen auch die Immobilienbranche, den Handel, das Handwerk und den Finanzsektor, sie erhalten soziale Strukturen und sorgen für stabile Einnahmen in der Sozialversicherung und bei Massensteuern“, erklärt HV-Geschäftsführer Rainer Will.
„Gerade die thermische Sanierungsförderung ist ein ökologisch wirksames, sozialverträgliches und fiskalisch profitables Instrument. Ihre Fortsetzung bedeutet mehr Klimaschutz, Wirtschaftsimpulse und eine Budgetstärkung, keine Belastung“, ergänzt Susanne Aigner-Haas, Geschäftsführerin des Verbands der Baustoffhändler Österreichs.
Handlungsspielräume trotz knapper Budgets
„Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene sind die finanziellen Spielräume aufgrund des hohen Budgetdefizits enger geworden. Deshalb braucht es Ansätze, die auch mit knappen Mitteln große Wirkung entfalten können“, sagt Josef Paul Gasser, Geschäftsführer von Lieb Bau Weiz. Dazu zählen:
- Sofortige Wiedereinführung der Zweckwidmung des Wohnbauförderungsbeitrages zu Gunsten der Errichtung und Sanierung von Wohnraum
- Zinszuschüsse für Bau- & Sanierungskredite: geringer Budgetaufwand, starke Investitionsanreize
- Landeshaftungen & Garantien für Kredite: Verbesserung der Kreditwürdigkeit ohne Sofortbelastung
- Abgestimmte Modelle mit Finanzierungsinstituten: um Vertrauen herzustellen und Investitionen wieder anzustoßen
- Wiedereinführung einfacher Landesdarlehensmodelle (z.B. 1%-Darlehen): gezielte Stärkung der Eigentumsbildung und Sanierungsbereitschaft
- Sicherung von Co-Finanzierungen: Nutzung von Bundes- und EU-Programmen, um Investitionsvolumen zu vervielfachen
Vereinfachungen bei Baugesetzen und Verordnungen
„Diese Instrumente – Zinszuschüsse sowie Landeshaftungen und Garantien für Bau- und Sanierungskredite, einfache Landesdarlehensmodelle und die Nutzung von Bundes- und EU-Co-Finanzierungen – schaffen Vertrauen, sichern Investitionen und wirken nachhaltig, ohne hohe zusätzliche Schuldenlast“, bestätigt Vinzenz Harrer, Geschäftsführer des Holzbauspezialisten Harrer GmbH.
„Parallel zur finanziellen Unterstützung braucht es aber auch einen klaren politischen Willen, das Bauen und Sanieren wieder einfacher und leistbarer zu machen. Wir fordern gezielte Maßnahmen, welche die Baukosten senken, die Leistbarkeit von Wohnraum steigern und die Eigentumsbildung im Land stärken“, empfiehlt Susanne Aigner-Haas.
- Sinnvoll sind u.a. folgende Maßnahmen:
- Durchforstung und Entrümpelung von Bauvorschriften
- Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren
- Förderung von Aufstockungen, Nachverdichtung und effizienter Nutzung des Bestandes
- Gezielte Anreizmodelle für junge Menschen, um Wohnraum erwerben zu können
Mobilisierung von Leerständen und Industriebrachen
„Ein besonders wirksamer Ansatz ist die aktive Mobilisierung bestehender Flächen, etwa die Nutzung von Leerständen in Ortskernen, die Reaktivierung von Industriebrachen sowie die proaktive Förderung einer nachhaltigen Nachverdichtung. Hierfür müssen die Rahmenbedingungen – von neuen Investitionsanreizen bis hin zu Raumordnung sowie Flächenwidmungen – in den Blick genommen werden“, ist Katharina Sigl, Geschäftsführerin des Forschungsverbands der österreichischen Baustoffindustrie (FBI), überzeugt.
„Von der Schaffung neuen Wohnraums ohne zusätzlichen Bodenverbrauch durch die Mobilisierung bestehender Flächen profitieren letztlich alle: Unsere Ortszentren werden belebt, der Leerstand und somit die Abwanderung reduziert, junge Menschen können Wohnraum günstiger erwerben, die Kaufkraft bleibt im Ort und die Bodenversiegelung wird eingedämmt“, sagt auch Handelssprecher Will.
Fünf Forderungen der Allianz für Bauen, Sanieren und Eigentum
Gemeinsam fordert die neue „Allianz für Bauen, Sanieren und Eigentum“:
- Ein öffentliches Bekenntnis zur volkswirtschaftlichen Systemrelevanz der Bau- und Sanierungswirtschaft sowie des Baustoffhandels – als Rückgrat für Beschäftigung, Innovation und Eigentum in Österreich.
- Kurzfristige Maßnahmen, etwa durch zusätzliche Budgetmittel oder Übergangsregelungen, um Investitionssicherheit wiederherzustellen (siehe oben).
- Die sofortige Wiedereinführung der Zweckwidmung des Wohnbauförderungsbeitrages zu Gunsten der Errichtung und Sanierung von Wohnraum.
- Eine transparente Analyse, warum Entscheidungen wie der Stopp von Sanierungs-, Wohnbau- und Heizungsförderungen in der Steiermark ohne vorherige Einbindung oder frühzeitige Kommunikation an die Interessenvertretung getroffen wurde – mit dem Ziel, künftig besser vorbereitet und proaktiv handlungsfähig zu sein.
- Eine aktive Mitgestaltung des angekündigten Evaluierungsprozesses, mit starker inhaltlicher Beteiligung von Interessenvertretungen wie HV, VBÖ und FBI.